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Azubi kündigen? Tipps für eine friedlichere Ausbildung

Azubi kündigen © fizkes

Azubi kündigen – er/sie kostet mich noch den letzten Nerv! Sie glauben nicht, in wie vielen Betrieben diese Spannungen nur durch einen Auszubildenden entstehen. Lernt nicht, will nicht, ist frech und oder grenzwertig dumm… Wir kennen aus unserer Beratungspraxis die Beschwerden, Sorgen und Ängste von Ausbildern, den Unmut der Kollegen und beleuchten deshalb die Hintergründe: Azubi kündigen oder neue Strategie suchen?

Azubi kündigen – kein leichtes Unterfangen

Denn ein Auszubildender genießt nach der Probezeit einen besonderen Kündigungsschutz. Aus dem einfachen Grund: Lernen ohne Fehler ist doch unmöglich! Die Ausbildung ermöglicht deshalb ein geschütztes betriebliches Lernumfeld. Ein Auszubildender stellt dabei keine volle Arbeitskraft dar und besitzt in bestimmten Situationen andere Rechte. Bei einem Pandemie-Risiko mit Einschränkungen gibt es deshalb kein Kurzarbeitergeld für Azubis. Bei längerer Krankheit hat der Arbeitgeber keine Möglichkeit, eine Kündigung durch Krankheit auszusprechen. Und ein Wiedereingliederungsplan ist oft bereits nach dem Wochenende nötig. Der Auszubildende ist keine tragende Stütze des Betriebs – obwohl das viele Betriebe anders handhaben.

In bestimmten Fällen gibt es Gründe für Abmahnungen und dann fristlose Kündigungen:

  • Pflichtverletzung und Verweigerung,
  • Unpünktlichkeit oder Fernbleiben von Arbeit oder Schule,
  • schwerwiegende Vertrauensbrüche: Ehrbeleidigung, Angriff, Diebstahl.

Das sind dennoch nur die selteneren Fälle bei dem Satz: „Ich will dem Azubi kündigen!“. Denn in vielen Betrieben steigt der Frust von beiden Seiten.

Azubi kündigen und Probezeit
Azubi kündigen und Probezeit

Probleme mit Auszubildenden: Was, warum und wie?

Wir arbeiten uns dabei durch verschiedene Problemfelder, damit Sie herausfinden, wo der Schuh drückt! In vielen Fällen sind unterschiedliche Erwartungen über Azubi Pflichten ein Problem. In vielen Fällen ziehen sie sich von Anfang an durch die Lehrzeit, deswegen empfehlen wir unseren Check zur Handwerksausbildung!

Azubi Pflichten: Optimale Arbeitseinstellung

Der Lehrling ist wissbegierig, lernt gerne neue Dinge und versucht sich dadurch positiv einzubringen. Dieser Wunsch ist verständlich! Viele Besitzer des AdA-Scheins sind vom Fach und mit Herzblut Ausbilder.

Stefan kommt von einer Wirtschaftsschule und fragt in einem größeren Fertigungsbetrieb nach einem Praktikumsplatz. Er lernt die Abteilungen kennen, darf kleinere Aufgaben erledigen und bekommt gutes Feedback. Einer erfolgreichen Ausbildung steht deshalb nichts im Weg! Er ist gut in der Schule, lernt und notiert eifrig, schreibt sein Berichtsheft. Am Ende der Ausbildung übernimmt der Betrieb den Einserschüler. Alle freuen sich über den neuen vollen Mitarbeiter, der weiß, was er tut und sich stetig weiterbildet.

Wunschvorstellung? Es gibt Betriebe und Azubis, die auf diese Weise zusammen kommen und dadurch den Betrieb mit intern gezogenen Fachkräften verjüngen. Dass Stefan aus Versehen eine wichtige Email im Komplettverteiler verschickte oder eine Begrüßung von Geschäftskunden verpatzte… Das fällt unter Fehler während der Ausbildung und kommt bei alljährlichen Betriebsfeier als Anekdote auf den Tisch. Gute Arbeit mit Motivation gleicht dabei Fehler in der Ausbildung aus und spricht für eine gute Fehlerkultur.

Geben und nehmen in der Ausbildung
Geben und nehmen in der Ausbildung

Azubi Pflichten: Mangelnde Arbeitseinstellung

Wir wünschen uns doch alle einen Stefan als Azubi: fleißig, motiviert und ehrlich. Was tun, wenn es mehr eine Elisabeth ist?

Elisabeth war nach ihrem mittelmäßigen Abitur enttäuscht, dass ihr Schnitt nicht zum Wunschfach reicht. Insgesamt fehlt ihr dazu die Orientierung im Leben. Den Alltag prägen der Nebenjob, das Familienleben bei ihren Eltern und Treffen mit Freunden. Ihre Eltern schicken sie zum Arbeitsamt und es kristallisiert sich heraus, dass sie gerne mit Menschen arbeitet. Ein Hotel in der Stadt sucht noch einen Azubi zur Restaurantfachfrau und Elisabeth bewirbt sich brav.

Ihr Ausbilder und die Kollegen sind nicht zufrieden, sehen aber in der Weihnachtssaison mehr Engagement und sie bleibt über die Probezeit. Zu langsam, mit dem Kopf woanders, eher faul und keine Begeisterung – die restliche Ausbildung wird ein Hängen und Würgen. Das Hotel übernimmt sie nicht, Elisabeth versucht erneut ein Studium. Alle sind froh, dass die Zeit vorbei ist, der Ausbilder will keine vermittelten Azubis mehr.

Horrorvision oder Alltag in deutschen Betrieben? Die maximal vier Monate Probezeit sind knapp, um die Eignung für den Beruf zu erkennen. Den Azubi kündigen ist unmöglich: Elisabeth macht ihre Arbeit nicht gut oder motiviert – ohne Pflichtverletzungen. Ein Aufhebungsvertrag wäre die ideale Lösung, unter der Voraussetzung, dass Elisabeth einen guten Plan für die Zeit hinterher hat. Leistungsdenken verhindert den Abbruch, wenn eine abgeschlossene Ausbildung ein besserer Ankerpunkt ist. In unserem Beispiel müht sie sich durch eine Ausbildung, die ihr nicht liegt, ihr Ausbilder und die Kollegen ärgern sich.

Mitschleifen und ärgern statt Azubi kündigen
Mitschleifen und ärgern statt Azubi kündigen

Wie kommt es zum Azubi Ärger?

Eine einfache Antwort gibt es nicht: Jeder Betrieb hat einen anderen Aufbau und Auszubildende sind nicht gleich. In einigen Betrieben hakt es im generellen Arbeitsklima. Bei anderen fehlt die Zeit für die Einarbeitung. Manche Auszubildende weiß früh, was sie will und arbeitet sich selbstständig ein. Andere bleiben mehr im Schülermodus und verrichten Aufgaben wie Hausaufgaben.
Klare Anweisungen und festgelegte Rechten und Pflichten verhindern negative Erfahrungen für beide Seiten. Der Klassiker ist in der Kommunikation: Wie melde ich mich krank und was ist ein Gelber Schein? Nicht jeder Azubi weiß solche Feinheiten des Arbeitslebens bis es zum ersten Problemfall kommt. Fällt eine Problem-Situation in eine stressige Zeit oder schlimmer in Existenzängste durch äußere Faktoren, kocht das lange. Sinnvolles Konfliktmanagement gehört aus diesem Grund zur Ausbildung: Der Auszubildende ist Lehrling und lernt vieles fürs Leben von Ihnen.

Azubi kündigen oder Aufhebungsvertrag?

Diese Frage stellt sich in vielen Betrieben: Was ist für alle das sinnvollste Vorgehen? Einen Azubi kündigen ist schwer und nicht das erste Mittel der Wahl. Ein ehrliches Gespräch über Wunsch, Motivation und Berufung führt gleichzeitig nicht mit Sicherheit zum Ziel. Ein Wechsel der Perspektive hilft hier allen Seiten: Welche Rechte und Pflichten hat der Ausbilder aus der AdA-Prüfung behalten? Wie waren die Voraussetzungen in der Unterweisungsprüfung? Wie waren die Handlungsfelder? Was wünscht sich der Azubi und was sind seine Pflichten und Rechte?

Hier liegt in den meisten Fällen eine Diskrepanz vor, die eine erfolgreiche Ausbildung verhindert. Gerade in kleinen Unternehmen braucht es eine gute Unternehmenskultur und Zusammenhalt, um schwierige Zeiten wie den Weihnachtsstress zu überstehen. Eine ehrliche Auseinandersetzung mit Inhalten und Rahmen der Ausbildung im Betrieb, bringt unterschiedliche Erwartungen ans Licht.

Die Sache mit dem Strom

Darf der Azubi sein Handy im Betrieb laden? Soll er das private Handy bei Botengängen zur betrieblichen Kommunikation nutzen, braucht es in vielen Fällen eine Zwischenladung. Bei einem Handyverbot am Arbeitsplatz lohnen sich klare Absprachen im Vorfeld, beispielsweise bei wichtigen Meldungen (medizinisch, Berufsschule…). Wie sieht es mit Musik bei der Inventur aus? Wenn Sie sich Gedanken über diese Dinge machen und verschriftlichen, ist das fantastisch! Wenn nicht: Wieso erwarten Sie dieses Wissen von Ihrem Azubi frisch im Arbeitsleben?

Vergesslich oder unwillig?

Sind wir ehrlich, manche Azubis wirken, als hätten Sie Stroh im Kopf. Die Gründe sind vielschichtig und reichen von Arbeit und Psyche zu mangelnder Motivation oder Arbeitsunwille. Kritisch ist die Vergesslichkeit, wenn Sie als Ausbilder jeden Tag von vorne anfangen, weil die gestrige Einheit weg ist. Hier steht an erster Stelle die Ursachenforschung: Was vergisst der Azubi? Gibt es Unterschiede an Themen, Tagen oder Komplexität? Seit Anfang der Ausbildung oder erst zu einem späteren Zeitpunkt? Wie sieht das Berichtsheft aus? Ordentlich geführt oder schnell nachgetragen? Wissensmanagement ist eine Fähigkeit, die Ihr Azubi lernen sollte.

Mit diesen Fragen differenzieren Sie, ob es eine generelle Schwäche ist oder eine schleichende Entwicklung zu Tage tritt. Zusätzlich haben Sie die Möglichkeit, Themenfelder abzustecken: Ungeliebte Aufgaben verdrängen und schöne Arbeiten beibehalten? Systematisches Abklopfen von Erinnerungslücken hilft, einen besseren Überblick zu bekommen und gezielt zu reagieren.
Checklisten für Aufgaben, Notizen mit Durchschlag und Unterschrift oder Kaizen-Schilder für die richtige Ausführung: Sie besitzen viele Möglichkeiten Ihren Azubi zu mehr Sorgfalt zu erziehen. Wenn Sie Unwille vermuten, sorgen Sie mit dieser Dokumentation für Ihre Sicherheit in Bezug auf Abmahnungen.

Motivation steigern

Finden Sie heraus, welcher Lerntyp Ihr Azubi ist. Gemeinsam erarbeiten Sie Konzepte zur Motivation, beispielsweise durch Vorlagen aus dem Shopfloor Management. Die Übertragung schöner Aufgaben als Belohnung hilft in vielen Fällen. Erwarten Sie keine perfekten Lösungen von einem jungen Menschen, sondern arbeiten Sie vom Ist- zum Zielzustand mit Zielentfaltung. Von einer Vorgabe kann der Azubi leichter abstrahieren und seine Wünsche äußern. Im Gegensatz gibt es selbstbewusste Auszubildende. Diesen präsentieren sie den Ist- und Zielzustand und lassen die Schritte entwickeln.

Statt Azubi kündigen, neue Wege gehen
Statt Azubi kündigen, neue Wege gehen

Azubi kündigen oder behalten?

Vertrauen Sie Ihrem Auszubildenden? Haben Sie Angst, ihn manche Aufgaben seiner Kenntnisstufe ohne Aufsicht machen zu lassen? Zählen Sie Bestände nach oder lassen Sie in fortgeschrittener Ausbildung kein Kundengespräch unbeobachtet? Bei massiven Problemen wie diesen, prüfen Sie zuerst Ihre eigene Einstellung zum Azubi und suchen im zweiten Schritt valide Beweise. Eine Kündigung nach der Probezeit braucht schnelles Handeln und triftige Gründe, Bauchgefühl ist nicht ausreichend.

In vielen anderen Fällen lohnt sich der Austausch im Team und mit dem Auszubildenden, welche Erwartungen oder Verletzungen es gibt. Wichtig: keine Schuldzuweisung, sondern Ich-Botschaften. Eine Ausbildung ist für Sie die Möglichkeit, die Fachkraft heranzuziehen. Für den Azubi bedeutet die Ausbildung in manchen Fällen ein paar Jahre mehr Schule, Lernen und Einschränkung.

Wenn die Berufung fehlt, kann ein ehrliches Gespräch über Ziele und Lebensplanung helfen, den Azubi aus der Reserve zu locken.
In einem Fall findet er seine Motivation und im anderen sind Kündigung von Auszubildenden-Seite oder Aufhebungsvertrag die bessere Alternative.
Keine Option ist es, den Azubi mit unangenehmen Aufgaben zur Kündigung bewegen oder schlimmer: zu mobben. Seien Sie sich Ihrer Verantwortung als Ausbilder bewusst, der Anteil an der Formung eines jungen Menschen hat. Das gilt besonders für schwangere Auszubildende oder Azubis mit Teilhabe-Hintergrund.

Azubi Probleme: Weit verbreitet!

Glauben Sie uns: Viele Betriebe mit Ausbildereignung kennen verschiedene Probleme mit Auszubildenden. Im Alltag braucht es die Integration von Ausbildung und in der freigeschaufelten Zeit bekommt der Azubi nichts gebacken. Gerade bei älteren Auszubildenden erwarten wir mehr Verstand durch Lebenserfahrung, wenn sie fehlt, wundern wir uns und sind enttäuscht. Klare Kommunikation, sinnvolle Prozesse, eine ordentliche Dokumentation nach Lean Standard Works helfen Ihnen, diese Probleme in den Griff zu bekommen!

Mit besten Grüßen,
Axel Schröder

Bildquelle: Canva.com © fizkes