Der Service ist top, die Lieferung und Montage war schnell und plötzlich bricht dennoch der Shitstorm los! Manchmal reicht eine Kleinigkeit, die nicht optimal gelaufen ist oder ein falsches Wort, um ein Pulverfass zu finden. In den Social Media verbreiten sich Geschichten und Meinungen rasend schnell. Jeder hat eine Meinung, selbst wenn ein Handwerker „nur“ bestimmte Berufsgruppen wie Ingenieure als Kunden ausschließt – durch schlechte Erfahrungen. Was ein Shitstorm genau ist, was er bedeutet und wie man sich im Idealfall verhält, lesen Sie bei uns:
Inhaltsverzeichnis
Dunkle Wolken, der Shitstorm zieht auf
Ein Beispiel, das ich selbst als Kunde miterlebt habe: Im August 2012 ist einem Hersteller von Analysesoftware eine technische Panne wiederfahren. Die Folge war, dass die Analysedaten nicht wie gewohnt im Laufe des Sonntags zur Verfügung standen. Ich war als Kunde betroffen, zum Glück ohne anhängige Klienten, die auf ihre Zahlen warten mussten.
Aus der beobachtenden, gleichzeitig aus erster Hand informierten, Position habe ich eine Analyse begonnen: Wie entsteht ein Shitstorm und wie entwickelt er sich? Wie sollte ein Unternehmen reagieren, wenn eine Krise eintritt und ein Shitstorm droht? Was gießt Öl ins Feuer und sollte tunlichst vermieden werden?
Dieser Artikel fasst meine Erkenntnisse zu einem kleinen Leitfaden zusammen, wie Sie im Idealfall mit Kritik in den sozialen Netzen umgehen können. Die Souveränität im Umgang mit Beschwerden im Internet ist der erste Schritt, um wirkungsvoll einen Shitstorm zu entgehen. Als betroffener Kunde war ich direkt in der Kommunikations-Linie und kann aus erster Hand die Entwicklung des Shitstorms analysieren. Wenn es innerhalb des Betriebs brodelt, finden Sie mit Konfliktmanagement zu einem lösungsorientierten Ansatz.
Der Begriff Shitstorm
Eine der negativen Ausprägungen im Internet ist es, seine Entrüstung laut Kund zu tun. Berechtigt oder nicht, Social Media eignen sich ideal, wenn Verärgerung weite Kreise ziehen soll. Internet Marketing-Maßnahmen mit Bild und Text können einen Shitstorm aus dem Nichts entstehen lassen. Den englischen Begriff „shitstorm“ nutzen wir, weil im deutschen Sprachgebrauch „Fäkalstürme“ jeglichen Namens nicht gebräuchlich sind. Die Analogie zum Sturm im Internet passt gut, denn die Empörung eines kleinen Kerns wird durch die Reichweite vergrößert. Eine Person oder ein Unternehmen, das einen Shitstorm abbekommt, muss nicht zwangsläufig einen Fehler gemacht haben. Die Reaktion ist entscheidend, wie es weitergeht.
Die dunkle Seite der Social Media?
Facebook, Twitter und Instagram haben den ein oder anderen Shitstorm gesehen und selbst erlebt – z.B., wenn Massen mobil gegen Fusionen machen. Ein gut gemachter Post der Empörung ist ein Marketing-Instrument, das weite Bahnen ziehen kann. Wenn Sie auf einem privaten Blog oder eingeschränkt auf Facebook für Freunde posten, wird das eher selten viral. Die Ansteckung kann zu einem Shitstorm gehören, muss es aber nicht. Wenn Ihnen ein Fehler unterlaufen ist, der viele Personen betrifft, braucht es keine Social Media-Kampagne der Kritiker. Die reine Masse der Empörung reicht.
Aus welchem Anlass kann ein Shitstorm entstehen?
Mein Beispiel handelte von einer großen Menge wichtiger Analysedaten für Internetseiten. Durch die technische Panne wurden die Daten nicht wie gewohnt am Sonntag den Softwarenutzern zur Verfügung gestellt. Das eigentliche Problem für die Betroffenen war nicht die Verspätung an sich: Diese Nutzer hatten selbst wiederum Kunden, denen sie die Analysedaten, aufbereitet gegen Entgelt, zur Verfügung stellten. Durch die technische Panne des Vorlieferanten konnten sie selbst nicht liefern. Der Sturm bekam Nahrung durch den Druck der nächsten Kettenglieder…
Wie ging der Shitstorm los?
Der Softwarehersteller hat eine recht umfangreiche Fanseite (zu diesem Zeitpunkt ca. 1800 Nutzer) bei Facebook. Dort veröffentlicht das Unternehmen Informationen, wann die Analysedaten bereitstehen würden. Am Sonntagnachmittag zur üblichen Veröffentlichungszeit gab es die erste Info, dass es bis abends dauern werde.
Die Reaktion der Fans war ein erstes Murren, aber noch kein größeres Problem. Donnergrollen: Spät in der Nacht waren weder Daten noch Ansprechpartner zu sehen, dafür die ersten massiven Beschwerden und teilweise massive Anschuldigungen. Der Shitstorm nahm Fahrt auf. Am Montagmorgen begann ein aktives Krisenmanagement der vom Unternehmen in Facebook. Es gab erste Infos, woran es gelegen haben könnte und es wurden Zeiten genannt, bis wann die Analysedaten zur Verfügung stünden.
Der Shitstorms wächst sich zum Orkan aus
Das Problem: Die gutgemeinte Kommunikation von Zeiten für die Problemlösung war die Ursache für den Höhepunkt des Shitstorms! „Für die wartenden Nutzer waren diese Ankündigungen zeitliche „Versprechen“. Der Hersteller hatte noch keinen vollständigen Überblick über das Ausmaß und unterschätzte den Aufwand. Die Zeiten konnten nicht eingehalten werden und der Shitstorm wuchs zum Orkan heran! Das Problem konnte fast die ganze Woche nicht gelöst werden! Neben übelsten Kommentaren über die Qualität des Produktes verlor das Unternehmen einige Kunden. Vom Imageschaden für den Hersteller der Software nicht zu sprechen.
Welche Kritiker gab es im Netz?
Im Wesentlichen sind mir drei Arten von Kritikern aufgefallen, die unterschiedlich in diesem „shitstorm“ agierten:
- Die erste Gruppe motzte los und verriss das ganze Produkt. „Alles Mist, dafür bezahlt man Geld, muss man kündigen etc.“ waren die Worte der Empörung.
- Die zweite Gruppe von Kritikern wollte sofort die Situation nutzen und Vorteile für sich aus der Krise schlagen. Forderungen nach Preisnachlässen, kostenlosen Beigaben etc. wurden mit der Kritik verbunden.
- Die dritte Gruppe fand die Situation unschön, war aber verständnisvoll, dass es überall zu technischen Pannen kommen kann. Diese Gruppe sollte im Verlauf der Krise wichtig werden.
- Keine Gruppe von Kritiker, sondern die stille Masse an Zuschauern. Ihr Umgang mit der Krise entscheidet, ob die Betroffenen ohne Wortmeldung bei Ihnen bleiben oder weiterziehen.
Die Kritiker aus Kategorie 1 und 2 machten der Wut Luft und fachten den „shitstorm“ weiter an. Gleichzeitig ging die dritte Gruppe mehr und mehr in die Opposition. Die Verständnisvollen stellten sich teilweise demonstrativ vor den Hersteller der Software: Die weißen Ritter im Gewittersturm – unaufgefordert und ehrlich gemeint.
Wie sollte man mit einem Shitstorm umgehen?
Mit diesem Praxis-Leitfaden „Den Shitstorm managen“ kann man eine Situation der Kritik in den Social Media leichter managen:
- Analyse der Betroffenheit – Einzelfall oder viele Betroffene
- Ehrliches Eingestehen von Fehlern
- Aktive Informationspolitik ohne Versprechungen
- Lösungsvorschläge für die Probleme der Kunden
Analyse der Betroffenheit – Einzelfall oder viele Betroffene
Sind von Ihrem Problem viele Partner/Kunden betroffen, gar alle oder hat ein einzelner Partner/Kunde ein Problem und braucht individuelle Hilfe? Wenn es sich um einen einzelnen Kunden handelt, versuchen Sie, Hilfe auf einem vertraulichen Kommunikationskanal anzubieten, der der Situation angemessen ist. Soziale Netzwerke mit tausenden „Zuhörern“ sind bei einem Einzelfallproblem suboptimal. Hier ist die Wahrscheinlichkeit von negativer Imagewirkung groß. Dies kommt vermutlich auch den meisten Betroffenen entgegen, wer will schon mit seinem Problem öffentlich hausieren gehen?
Versuchen Sie, dem betroffenen Kunden ein Telefonat anzubieten, in dem Sie eine individuelle Lösung besprechen können. So gehen Sie direkt mit betroffenen Kundenstimmen, der Voice of the Customer, ins Gespräch! Da es meistens um sensible Informationen bei Ihrem Kunden geht, sollten Sie auch entsprechend sensibel damit umgehen. Schließlich ist er von Ihrer Panne oder Ihrem Verhalten betroffen.
Sind viele Kunden betroffen, weil z.B. eine zentrale Datenbank ausgefallen ist, dann sollten Sie Informationen über Social Media bekanntgeben oder die News-Seite Ihres Webauftritts füttern. Es lässt sich sowieso nicht „geheim halten“.
Ehrliches Eingestehen von Fehlern
Jede Kritik aus Sicht Ihrer Kunden ist grundsätzlich berechtigt, wenn der Fehler auf Sie zurückzuführen ist! Versetzen Sie sich konsequent in die Lage des Beschwerdeführers. Was Sie selbst zu der Situation denken, ist irrelevant, wenn es nicht lösungsorientiert ist. Personen, die sich beschweren, brauchen JETZT, und damit meine ich JETZT, Ihre Hilfe!
Relativieren Sie niemals die Situation oder das Ausmaß des Problems! Das Problem aus Sicht Ihrer Kunden ist individuell bis existenziell, behandeln Sie das Problem dementsprechend!
Das Wichtigste: Versuchen Sie niemals, irgendetwas unter den Teppich zu kehren, Kommentare zu löschen etc. Auch wenn diese übelste Beschimpfungen beinhalten. Gehen Sie sachlich mit der Situation um und gestehen Sie gegenüber den Kunden die gemachten Fehler ein. Verweisen Sie maximal auf die Netiquette und bemühen Sie sich um eine Lösung. Seien Sie der reuige Büßer, der alles versucht, die Situation zu verbessern. So haben Sie beste Aussicht auf Erfolg, den Shitstorm zu umgehen oder klein zu halten.
Aktive Informationspolitik ohne Versprechungen
Versorgen Sie alle Beschwerdeführer in regelmäßigen Abständen mit Informationen zu den ergriffenen Aktivitäten, um das Problem zu lösen. Wenn die Lage noch nicht unter Kontrolle ist, geben Sie eine Zwischenstand-Information heraus: dass das Problem komplex ist und das Team mit Hochdruck an der Analyse arbeitet. Lassen Sie die Kunden nicht allein und ein paar wenigen Meinungsführern nicht die Kontrolle über den Shitstorm. Sie managen die Krise, nicht die paar lauten „Auf-die-Pauke-Hauer“.
Machen Sie vor allem nie den Fehler, einen Zeitpunkt zur Behebung der Krise zu versprechen, den Sie nicht halten können! Das befeuert die Kritik und Sie verschärfen die Beschwerde-Kommentare! Versprechen in der Krise nicht zu halten, kommt einem Image-Selbstmord gleich! Kommunizieren Sie einen Fahrplan, wann welche Meilensteine zur Krisenbehebung erreicht sein sollen und was man unternimmt, wenn es nicht klappt. Erklären Sie eindeutig, dass es sich um einen FahrPLAN handelt, der mit dem Wissen zum Zeitpunkt der Erstellung aufgestellt wurde. Ein Plan kann sich ändern, kommunizieren Sie das, bevor er sich ändert! Kunden wollen wertgeschätzt werden, das klappt nicht beim Einigeln.
Lösungsvorschläge für die Probleme der Kunden
Schreiben Sie sich eine Liste, welche Probleme Ihre Kunden durch Ihre Panne haben. Oftmals schreiben Ihre Nutzer, dass sich deren Kunden bereits beschwert hätten etc.
Bieten Sie Ihren Kunden Hilfe im Management der Probleme an. Verfassen Sie z.B. professionell geschriebene Mitteilungen, die Sie Ihren Kunden geben können, um ihnen den Rücken freizuhalten. Oder bieten Sie eine gesonderte Service-Hotline an, um den nachrangigen Kunden Informationen aus erster Hand zu geben. Diese Maßnahmen zeigen deutlich, dass Sie die Ursache der Probleme sind und nicht Ihre Kunden. Sie müssen also nicht nur Ihr eigenes Problem managen und lösen, sondern auch noch die Probleme Ihrer Kunden! Denken Sie daran, wenn Sie Krisenteams einrichten und die entsprechenden Ressourcen dafür planen müssen.
Pflegen Sie die weißen Ritter, die Ihr Unternehmen in den sozialen Netzwerken hat! Sie sind Gold wert!
Wenn die Krise überwunden ist, dann erstellen und kommunizieren Sie eine Analyse des Vorfalls. Arbeiten Sie heraus, was Sie beim nächsten Mal, sollte ein weiterer Fall eintreten, besser machen.
Versuchen Sie, nach Möglichkeit entstandene Schäden Ihrer Kunden auszugleichen. Hier ist aber Fingerspitzengefühl gefragt und kann pauschal in diesem Artikel nicht näher erörtert werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen Leitfaden an die Hand geben, mit dem Sie die schlimmsten Fehler im Umgang mit Kritik im Internet vermeiden.
Vorbeugen statt Krise managen
Damit es gar nicht erst zum Shitstorm kommt: Shitstorms vermeiden ist immer besser als Shitstorms managen zu müssen. Und wenn Sie einen Shitstorm erfolgreich hinter sich gebracht haben, dann schreiben Sie direkt die wichtigen Informationen auf: Wie kam es zum Shitstorm? Wie wurde er gemanagt und was sollte man bei einem nächsten Mal besser machen?
Nur wenn Sie Ihre Erfahrungen niederschreiben und offen im Team diskutieren, haben Sie den maximalen Lerneffekt und können sich verbessern.
Es grüßt aus Bayreuth
Axel Schröder
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