Literatur zu Geschäftsmodellen gibt es viele. Wir haben bisher „Geschäftsmodelle entwickeln“ besprochen und stellen deshalb in diesem Artikel das Buch „Business Model Generation“ vor. Die Autoren gehen dabei nicht nur mit dem Format eigene Wege und verdienen durch ihre Ideen einen Platz in unserer Rezensionsreihe.
Inhaltsverzeichnis
Business Model – Was heißt das?
Unternehmensgründer sehen sich häufig mit der Forderung nach Business-Plänen konfrontiert. Der Kunde, für den das Produkt oder die Dienstleistung gedacht ist, gerät dabei mit seinen Bedürfnissen neben den Business-Plänen aus dem Blickfeld.
Dr. Alexander Osterwalder (Berater und Trainer für Geschäftsmodell-Innovationen) hat mit Dr. Yves Pigneur (Professor an der Universität Lausanne) einen praxisorientierten Ansatz des Geschäftsmodeldesigns entwickelt. In den Vordergrund rückt deshalb der Nutzen eines Produktes für den Kunden und der Fokus legt sich auf die Frage der Wertschöpfung.
„Ein Geschäftsmodell beschreibt das Grundprinzip, nach dem eine Organisation Werte schafft, vermittelt und erfasst“
Wie dieser Gedanke in die Praxis umzusetzen ist, stellen die beiden Autoren deshalb in ihrem Buch „Business Model Generation“ vor. Allein die Form des Buches lässt erkennen, dass es um unkonventionelle, neuartige Wege der Ideenfindung geht. Für 34,99 € erwirbt man dabei das Buch, das allein durch sein Format in einigen Bücherregalen ein echten Hingucker ist. Sowohl das Layout als auch die Entstehungsgeschichte sind Sinnbild eines innovativen Vorgehens: mehr als 400 Personen waren, in einem globalen Netzwerk, beteiligt an der Entstehung der „Business Model Generation“.
Die 285 Seiten bergen eine Fülle an Zeichnungen und Grafiken. Jedes Kapitel ist farblich abgesetzt in der grafischen Gestaltung, sodass ein Überblick über die Themen gut gelingt. Das Zusammenspiel von Grafik, Layout und Text lässt den Leser dadurch auf den ersten Blick erfassen, worum es geht. Jedes Kapitel wird mit einer Zitatensammlung abgeschlossen, um damit die jeweilige Thematik nochmals eindrücklich zusammenzufassen.
Inhalt von Business Model Generation
Das fünf Kapitel umfassende Buch lässt sich dabei grob in zwei Abschnitte einteilen. Zunächst geht es um die Erstellung eines Geschäftsmodells. Die Autoren geben dafür praktische Werkzeuge an die Hand: Canvas, Muster und Design.
Der zweite Abschnitt beschäftigt sich dazu mit Strategien und Prozessen.
Kapitel 1: Canvas
Im ersten Kapitel wird die Business Model Canvas zuerst ausführlich dargestellt und erläutert. Das Wort Canvas kommt aus dem Englischen und bedeutet Leinwand/Projektionsfläche. Der Business Model Canvas haben wir deshalb einen eigenen Artikel gegönnt, der sich mit Aufbau und Zusammensetzung befasst.
Neun Bausteine für ein Geschäftsmodell werden auf einer solchen Leinwand aufgezeichnet und mit Ideen gefüllt. Der angehende Unternehmer soll sich dabei Gedanken machen über
- Kundensegmente (Customer Segments – CS
= wer wird Kunde sein und wie wird dieser Kunde zufrieden gestellt - Wertangebote (Value Proposition – VP)
= der Nutzen eines Produkt- oder Dienstleistungspaket, der Mehrwert für den Kunden - Kanäle (Channels – CH)
= Wege, auf denen die Kunden erreicht werden, kosteneffizienteste Kanäle und ihre Integration in die Kundenabläufe - Kundenbeziehungen (Customer Relationships – CR)
= die Art der Beziehung zu den Kunden - Einnahmequellen (Revenue Streams – RS)
= die Art der Einkünfte, Verkauf von Gütern, Vermietung oder Mitgliedsgebühren, Preisgestaltung - Schlüsselressourcen (Key Ressources – KR)
= die Wirtschaftsgüter, die für das Funktionieren des Geschäftsmodells notwendig sind - Schlüsselaktivitäten (Key Activities – KA)
= die wichtigsten Aktivitäten des Unternehmens - Schlüsselpartner (Key Partnerships – KP)
= Lieferanten, strategische Allianzen, Joint Ventures - Kostenstruktur (Cost Structure – CS)
= alle für das Geschäftsmodell anfallende Kosten
Die Autoren erklären dabei ausführlich, wie und warum die Canvas in diese einzelnen Bausteine aufgeteilt wird und genutzt wird. Fotos und Grafiken dokumentieren darüber hinaus, wie sich diese Leinwand im Laufe einer Ideenfindung füllt. Haftzettel ermöglichen es dabei, die Gedankengänge schnell einzuordnen und bei Bedarf neu zu kombinieren. Ergänzt durch Beispiele erfolgreicher Geschäftsmodelle, wird die Anwendung der Canvas verständlich und nachvollziehbar.
Kapitel 2: Muster
Die Canvas wird im zweiten Kapitel der Business Model Generation dazu genutzt, Muster-Geschäftsmodelle zu unterscheiden. Hierfür werden über die Business Modell Canvas beispielsweise die Merkmale verschiedener Geschäftsideen zu fünf Geschäftsmodell-Typen definiert. Die Vergleichbarkeit durch die Canvas-Aufbereitung umfasst dabei verschiedene Gruppen und schafft die Möglichkeit, Muster zu erstellen. Dieses Vorgehen ermöglicht daher eine abstrahierte Betrachtung der Muster und bietet Orientierung und Einordnung der eigenen Idee.
Die Autoren stellen dabei fünf Muster für unterschiedliche Geschäftsmodelle vor:
- Entflechtungsmodelle (Beispiele: Privatbanken, Telekommunikation)
- Long Tail (Beispiele: Print on demand, Lego)
- Multi-Sided Platforms (Beispiele: Google, Apple)
- Free als Geschäftsmodell (Beispiele: Zeitungen, Skype)
- Open Business Models (Beispiele: Procter & Gamble, GlaxoSmithKline)
Jedes dieser Muster wird definiert und anhand der oben genannten Beispiele ausführlich erklärt. Die Betonung liegt auf der Wandelbarkeit der Geschäftswelt, es gibt keine abschließenden Modelle, sondern stets neue.
Kapitel 3: Design
Der Punkt der Wandelbarkeit und Innovation zeigt sich dabei besonders im dritten Kapitel der Business Modell Generation:
Design spielt laut Osterwalder und Pigneur eine größere Rolle bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen, als weithin angenommen. Die Autoren vermitteln damit dem Leser sechs verschiedenen Gestaltungstechniken. Mit Hilfe dieser Instrumente kann der Unternehmer der Bedeutung von Design für das eigene Produkt gerecht werden:
- Customers Insight – Kundenmeinungen: Der Perspektivenwechsel von „wir“ zu „sie“ stellt den Kunden mit seinen Bedürfnissen in den Mittelpunkt. Mit Hilfe einer Ist-Zustand.
- Visuelles Denken: Halten Sie Ihre Gedanken fest, während Sie Ihrem Hirn helfen den roten Faden zwischen Text, Klebezetteln und auch Zeichnungen zu finden!
- Prototypen: Bauen Sie Ideen! Prototypen lösen Sie von den eingefahrenen Denkmustern, und Vorstellungen. Probieren Sie Neues aus und überlegen Sie von Grund auf ein Konzept.
- Story telling – Geschichten erzählen: Sie erzählen Ihre Geschäftsidee als eine Geschichte. Beteiligte können dem besser folgen, Sie merken, wenn es noch hakt.
- Szenarios: Szenarios helfen Ihnen, Ihre Perspektive zu erweitern oder zu wechseln. Hier überlegen Sie sich Situationen, Personen mit Wünschen und Geschichten zu Ihrer Geschäftsidee. Je prägnanter Ihr Szenario ist, desto besser verstehen Sie die Anforderungen an Ihr Geschäftsmodell.
Innovation kommt selten von alleine, deswegen sollen die vorgestellten Methoden Ihnen helfen, Ihr Geschäftsmodell bis ins Detail zu durchdringen. Nicht alles, was sich gut anhört, wird gut angenommen. Die vorgestellten Techniken sorgen für eine frühe Fehlerkorrektur.
Kapitel 4: Strategien
Vor dem Hintergrund der Business Model Canvas sind die unternehmerischen Strategien ganz neu zu überdenken. Das Ziel ist es, etablierte Geschäftsmodelle konstruktiv zu hinterfragen und das Umfeld des eigenen Geschäftsmodells strategisch zu untersuchen.
Ein wertvolles Werkzeug ist die Kartierung des Modell-Umfeldes und die Ergründung von Trends für die Zukunft des eigenen Unternehmens. Damit können Szenarien zukünftiger Geschäftsmodell-Umgebungen erzeugt und die eigenen Geschäftsstrategie daran angepasst werden.
Daneben bieten Osterwalder und Pigneur umfangreiches Material zur Einschätzung von Geschäftsmodellen, Bewertung von Risiken und Chancen und die Erweiterung von Perspektiven.
Kapitel 5: Prozesse
Mit der Zusammenfassung des gesamten Prozesses einer Geschäftsmodell-Gestaltung wird das Buch „Business Model Generation“ komplettiert. Die Autoren schlagen hierfür fünf Phasen vor, die alle im Detail durchgearbeitet werden:
- Mobilisieren
- Verstehen
- Gestalten
- Implementieren
- Durchführen
Jedes Geschäftsmodell ist wie sein Erfinder einzigartig! Daher sind die fünf Phasen als reine Orientierung gedacht. Jedes Unternehmen in spe kann seinen eigenen Einstiegspunkt wählen und einen Schwerpunkt legen.
Die Ausführungen in diesem Kapitel sind aber in jedem Fall hilfreich für die eigene Arbeit mit Geschäftsmodellen.
Lohnt es sich, Business Model Generation zu kaufen?
Alexander Osterwalders Business Model Generation ist in jedem Fall eine lohnende Investition. Den Autoren gelingt es, ihre Anliegen, ihre Ideen und Lösungsansätze auf eine erfrischende, innovative Art darzustellen. Format und Gestaltung des Buches zwingen den Leser geradezu, eingeübte Gedankengänge zu durchbrechen und eine veränderte Sichtweise einzunehmen. Die Visualisierung mit starker Einbindung grafischer Elemente macht das Buch an einigen Stellen etwas unübersichtlich. „Lesen“ und reines Textverständnis leiden unter Umständen darunter, dies wird jedoch aufgefangen durch die gesamte Aufmachung, die zum Eintauchen und Verstehen einlädt.
Hat man sich mit dem außergewöhnlichen Stil des Buches erst angefreundet, bietet es einen ausgezeichneten Einstieg in die Materie.
Für Gründer, Querdenker und Aufgeschlossene, die neue Wege gehen möchten, bietet die Business Model Generation ein komplexes und dabei vollständiges Navigationssystem. Die Business Model Canvas bietet ein Grundgerüst, das den jeweiligen Anforderungen angepasst werden kann und stellt somit Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft.
Für alle, die das Thema Geschäftsmodell und Businessplan kritisch beleuchtet sehen wollen, ist hier ein spannendes Video von Herrn Osterwalder zum Thema:
Viel Spaß beim Lesen des Buches und Umsetzen der Ideen wünsche ich Ihnen!
Besten Gruß aus Bayreuth
Axel Schröder