Der Azubi hat’s verratzt. Das Material ist unbrauchbar und der Kunde wütend – aber ist der Auszubildende schuld oder der Ausbilder? Fehlerkultur sollte in jedem Betrieb einen hohen Stellenwert besitzen und besteht dabei aus unterschiedlichen Teilbereichen: Der Umgang mit gemachten Fehlern, die Vermeidung und Verbesserung für die Zukunft. Diese unterschiedlichen Perspektiven entschlüsseln wir deshalb in unserem Artikel zur Fehlerkultur im Unternehmen und geben wertvolle Tipps für ein besseres Miteinander!
Inhaltsverzeichnis
Fehlerkultur – verschiedene Perspektiven
Das Miteinander im Betrieb ist stark geprägt von der Haltung und Erwartung jedes Einzelnen – immer dabei: der reiche Erfahrungsschatz jedes Mitarbeiters, der eine kritische Situation positiv oder negativ beeinflussen kann. Der Meister hat sein Handwerk gelernt, kennt seine Kunden und die Tücken mancher Materialien. Wenn der Auszubildende oder der Quereinsteiger nun einen Fehler macht, stellt sich als erstes die Frage: Was ist ein Fehler eigentlich?
Wirtschaftlicher Schaden dank Fehlern
Es ist ein Schaden entstanden, der Geld durch Neubestellung/-bearbeitung kostet und evtl. auch Schadensersatz. Wirtschaftlich sind Fehler unnötige Geldausgaben und müssen bis zu einem gewissen Grad durch das tägliche Geschäft gedeckt werden. Auszuschließen sind sie nicht vollständig, denn ein SixSigma-Niveau selten erreichbar.
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Emotionales Unverständnis für Fehler
Der Chef tobt, schließlich ist ihm unverständlich, wie so ein unfassbar dummer Fehler passieren konnte! Jeder weiß doch, dass man beim Einpassen aufpassen muss! Die emotionale Komponente ist hier der eigene Erfahrungsschatz. Dem Meister oder Gesellen ist schließlich nach Jahren klar, was zu tun ist. Der Auszubildende lernt dagegen noch mühsam jedes Detail seines Handwerks. Das Gleiche gilt, wenn ein neuer Mitarbeiter in den Betrieb kommt. Dieser beherrscht vielleicht das gleiche Handwerk, hat aber in einem anderen Betrieb gearbeitet.
Zum Beispiel in einer spezialisierten Manufaktur. Die tägliche Übung fällt dabei über lange Zeit weg und die Einarbeitung ist gleichbedeutend mit Wiedererlernen. Die Übertragung des eigenen Wissens auf die Erwartung an andere birgt deshalb große Risiken in der Arbeitsanweisung. Je nach Unternehmenskultur und Betriebsklima traut sich der jugendliche Stift nicht unbedingt, dreimal nachzufragen und tut dann in Eigenregie sein Bestes. Die Verunsicherung durch einen gemachten Fehler verhindert im schlechtesten Fall, aus den Fehlern zu lernen. Die Training within Industry Methode schafft hier Abhilfe und mit Change Management binden Sie alle mit ein!
Ablauforganisation und Fehlerkultur
Sind Ihre Geschäftsprozesse klar und ordentlich dokumentiert? Wir reden nicht von ausgefeilten Prozesslandkarten, sondern einem Ablauf oder einer Checkliste für die anfallenden Aufgaben. Muss abends der Letzte die Werkstatt für den nächsten Tag vorbereiten und ist jeder Handgriff nachvollziehbar? Statt sich zu ärgern, wenn Menschen Menschen sind und Dinge vergessen, sorgen sie lieber dafür, dass Arbeit klar strukturiert ist und Standards eingehalten werden. Eine laminierte Liste mit einem Folienstift am Faden an der Werkstatt-Tür gibt Überblick, was gemacht werden muss und führt zu einer Standardisierung. Die Möglichkeit aus Fehlern zu lernen, ist wichtiger Bestandteil der Coaching Kata.
Ein wichtiger Faktor der Fehlerkultur ist weiterhin, dass Abläufe klar kommuniziert werden müssen. Sie wissen, welches Ergebnis Sie haben wollen, aber wissen das auch ihre Mitarbeiter? Unzufriedenheit durch Fehler belastet das Betriebsklima massiv und hilft wenig, die Zukunft effizienter zu gestalten. Gerade bei schwierigen Mitarbeitern braucht es hier Fingerspitzengefühl. Der Wissenstransfer auf neue Mitarbeiter ist ein sensibles Thema und sollte das gesamte Unternehmen einbinden. Halten Sie Ihre gewünschte Arbeitsweise schriftlich fest und kommunizieren diese Ihren Mitarbeitern. Das sollte positive Auswirkungen auf die Fehlerkultur haben.
Fehlerkultur und Unternehmenskultur
Das Management, bzw. die Leitung eines Unternehmens muss sich klar sein, welches Betriebsklima im Idealfall herrschen soll. Wie offen will ich als Chef mit meinen Mitarbeitern umgehen, wie nah soll der Kontakt sein? Fragen, die direkt mit dem Thema Fehlerkultur zusammenhängen: Ein enger Umgang macht Kommunikation leichter, Kritik dafür ungleich schwerer. Ist die Hierarchie flach, sind schnelle Fragen möglich, es fehlt zeitgleich eine Überprüfung möglicher Fehler. Durch ein Organigramm mit deutlich gegliederter Organisation können Sie Arbeitsanweisungen delegieren und führen ein Unternehmen, das andere Anforderungen an Fehlerkultur benötigt. Führen, lernen und folgen müssen die richtigen Stellen des Unternehmens erreichen: Sie sagen als Chef „A“ und drei Ebenen später kommt beim Mitarbeiter „E“ an? Je mehr Distanz existiert, desto schwieriger kann die Ursachenforschung bei Fehlern sein. Ein Ishikawa Diagramm hilft bei Betrachtung möglicher Problemursachen, unterstützt durch die 5-Why-Methode.
Regiert die Angst vor Fehlern im Unternehmen ist die Fehlerkultur auf dem Tiefpunkt. Aus Fehlern lernen funktioniert nur, wenn diese analysiert und bearbeitet werden. Das ist Teil der Selbstoptimierung. Ist die Angst zu groß, wird es keinen offenen Umgang geben und im schlimmsten Fall kommt es zu Vertuschungen. Diese können ähnliche Auswirkungen wie Betrug durch Mitarbeiter haben und sollten dringend unterbunden werden.
Welches Potential steckt in Fehlern und Fehlerkultur?
Sollten Sie sich gerade fragen, was an einem Fehler gut sein soll, lesen Sie bitte weiter! Fehler sind menschlich. Unachtsamkeit, kurze Konzentrationsschwäche oder Unwissen – und es kommt zu Fehlern. Das Entscheidende ist, wie man mit ihnen umgeht: Fragen Sie nach, lassen sie sich die Handlung zeigen und geben Sie Tipps für den nächsten Versuch. Die Wiederholung unter Anleitung verfestigt das richtige Bearbeiten.
Ein konfliktscheues Management überträgt nach einem Fehler die Aufgabe auf einen anderen Mitarbeiter, statt Konfliktmanagement anzugehen. Es folgen verschiedene Probleme:
- Der Mitarbeiter lernt nicht aus seinem Fehler und weiß im schlimmsten Fall nicht einmal davon.
- Ohne direkten Kontakt findet niemand im Unternehmen heraus, warum der Fehler passieren konnte. Verbesserungen sind unmöglich.
- Es wird keine Optimierung der Dokumentation geben und der nächste neue Mitarbeiter macht eventuell den gleichen Fehler.
Wenn Sie keinen intensiven hilfsbereiten Umgang unter Ihren Angestellten möchten, sollten Sie zumindest Hilfe zur eigenständigen Bearbeitung bereitstellen. Checklisten am Arbeitsplatz zum richtigen Vorgehen, ein Unternehmerhandbuch, wo sich was befinden soll und kontinuierliche Verbesserung sind erste Schritte.
Denken Sie daran: Warum ist ein Fehler passiert und will ich, dass er in Zukunft weiterhin geschehen kann? Unser Artikel über FMEA bietet unter anderem eine Vorlage, um Fehler zu vermeiden. Eine positive Fehlerkultur nutzt die möglichen Informationen, um zukünftige Abläufe besser zu machen. Die Königsdisziplin ist das Six-Sigma-Niveau: Dieses ist nur mit einer guten Fehlerkultur und entwickeltem Prozessmanagement erreichbar, da alle Beschäftigten im Unternehmen an der Fehlerreduzierung zusammen arbeiten müssen.
Wie erkenne ich eine positive Fehlerkultur im Betrieb?
Sind Sie ein guter Vorgesetzter? Versuchen Sie nach Lean Leader-Prinzipien Ihre Mitarbeiter zu motivieren? Kennen und leben Sie Ihre Unternehmenswerte? Wird offen über Fehler und Fehlerkultur gesprochen, oder stöhnen Ihre Angestellten über den immer gleichen Kollegen? Um die Fehlerkultur im Unternehmen zu greifen, arbeiten wir mit einigen Kennzahlen:
Fehlerhäufigkeit
Wie oft geht etwas schief? Hat das Seltenheitswert oder arbeiten Sie mit einem Sonderzuschlag auf ihren Preisen – schließlich passiert ständig etwas! Werden Fehler erfasst und ausgewertet, oder bleibt es bei einem Aufreger und weiter mit der Neubestellung?
Wir empfehlen bei einem eher diffusen Fehler-Bild zu einem Fehlerprotokoll. Eine Vorlage finden Sie unter diesem Artikel. Sie erfassen damit die wichtigen Daten: wo, wie und warum der Fehler passiert ist und können dann die Protokolle auswerten. Keinesfalls sollten Ihre Mitarbeiter eingeschüchtert sein. Es geht um die Verbesserung des gesamten Betriebs und jeder Fehler weniger sorgt für ein besseres Ganzes. Die visuelle Darstellung von Fehlern und Erfolgen findet sich in Shopfloor Management.
Fehlerart
Hat der Azubi zum zehnten Mal das Rohmaterial falsch vorbereitet? Finden Sie heraus, ob die Einarbeitung richtig war oder auch der Erfahrungsschatz schon ausreichend für diese Arbeit. Suchen Sie einen Grund, um den Azubi kündigen zu können, sollten Sie Ihre Ausbildereignung prüfen. Sind die Erwartungen an Ablauf und Endergebnis deckungsgleich? Geht es um ein „glatt geschliffenes Holz“ – meinen Sie und der Auszubildende die gleiche Körnung? Mangelhafte Kommunikation ist leicht abzustellen, dafür brauchen Sie lediglich klare Anweisungen. Der gemachte Fehler ist immer eine Chance zur Verbesserung – wenn Sie sie nutzen!
Schickt der Lieferant pausenlos Material mit Makel, sollten Sie die Eingangskontrolle verschärfen und ein ernstes Wort mit Ihrem Lieferanten sprechen. Andere Angebote einholen ist in Ordnung, wenn Sie fehlerhafte Ware erhalten und in Verzug geraten.
Die Fehlerart ist wichtig für die richtige Lösung. Brauchen bestimmte Artikel besondere Behandlung, sollten Sie das notwendige Fachwissen festhalten und versierten Mitarbeitern übertragen. Ein Unternehmen muss wissen, wo unnötige Ausgaben – Verschwendung – hin sickern. Eine positive Fehlerkultur hilft Ihnen, einzuordnen, welche Baustellen leicht zu beheben sind.
Fehler-Verursacher: Mitarbeiter und Werkzeuge
Ihr Mitarbeiter ist ein grandioser Handwerker und mies in der Dokumentation? Erwarten Sie nicht von allen Personen im Betrieb die komplette Bandbreite an Fähigkeiten. In Fällen, wenn immer Fehler an der gleichen Stelle passieren – Mensch oder Maschine – brauchen Sie eine neue Strategie. Wenn Sie seit 20 Jahren den gleichen Werkzeughersteller nutzen, aber die Qualität nicht mehr ausreicht, haken Sie nach oder stellen Sie um. Ist Ihr Mitarbeiter unkonzentriert, sollten Sie ihn im persönlichen Gespräch in ruhiger Atmosphäre fragen, was gerade los ist. Fehler im Arbeitsablauf können auch auf Beeinträchtigungen der Gesundheit hinweisen (z.B. Fehlsichtigkeit oder Schonhaltung bei Gelenkproblemen). Suchen Sie mit Ihrem Mitarbeiter gemeinsam eine Lösung, die allen und dem Betrieb gerecht wird.
Sind Fehler auf mangelnde Deckung der Erwartungen zurückzuführen, machen Sie Ihre Anweisung im Detail deutlich. Bei einem Feedback-Gespräch hat sich bewährt, den Gesprächspartner in eigenen Worten das Gehörte wiederholen zu lassen. Auf diese Weise wird klar, ob die Informationen positiv ankamen. Gleiches bietet sich im Kontakt zu Kunden und Partnern an: Nach einem Gespräch schicken Sie eine Mail mit allen Angaben und lassen sich bestätigen, dass die Informationen korrekt sind.
Tipps zum positiven Umgang mit Fehlern
Aus unserer Beratungspraxis kennen wir einige Baustellen, die mit der Fehlerkultur in einem Unternehmen zusammenfallen. Deswegen haben wir die wichtigsten Tipps zusammengestellt:
- Eine positive Unternehmenskultur mit klar kommunizierter Vision lässt alle Mitarbeiter auf die Unternehmensziele hinarbeiten.
- Klar dokumentierte Geschäftsprozesse und Erwartungen helfen Mitarbeitern bei Problemen zur Selbsthilfe. Gehen Sie nicht von Ihrem Stand aus, sondern halten Sie in deutlichen Worten fest, was Sie wollen.
- Erstellen Sie für jeden Mitarbeiter eine Skills-Matrix: d.h. eine Aufstellung über Fähigkeiten und Niveau mitsamt Möglichkeiten der Förderung. Auf diese Weise können Sie Angestellte gezielt nach Kenntnisstand einsetzen oder weiter qualifizieren.
- Seien Sie als Chef vorhersehbar: Ein Team, das Anerkennung, Rückendeckung und Hilfestellung erfährt, arbeitet effizienter als durch Angst und Stress getrieben. Ihr inneres Team hilft Ihnen bei dieser Einstellung.
Fehler passieren. Es ist Ihre Aufgabe, ein möglichst störungsfreies Umfeld zu schaffen, das zu Leistung motiviert und Verbesserung belohnt – nicht Fehler bestraft. Arbeitsfrust und Ärger sind verständlich, helfen aber in den seltensten Fällen. Zurücktreten, durchatmen, Schaden analysieren und eine lösungsorientierte Strategie finden, ist grundsätzlich eine bessere Idee. Lean Games können Ihnen und Ihren Mitarbeitern helfen, spielerisch neue Methoden zu erlernen!
Viel Erfolg und besten Gruß
Axel Schröder
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Bildquelle: Canva © fizkes