Kennzahlen im Lean Management sind nah an der operativen Ausführung. Das merken wir gerade an der Erstausbeute, bzw. dem First Pass Yield und dem zusammengefassten Rolled Throughput Yield. Was der FPY und der RTY sind, erklären wir in diesem Artikel mit einigen Praxisbeispielen und der First Pass Yield Definition!
Voraussichtliche Lesedauer: 9 Minuten
Inhaltsverzeichnis
First Pass Yield Definition: Kennzahl der Ausführungsqualität
Der First Pass Yield (FPY) oder die Erstausbeute bezeichnet die Qualitätskennzahl eines Produktionschritts, einer Stufe in der Auftragsbearbeitung und mehr ohne Fehler. Was bedeutet dabei ohne Fehler?
- Fehlerfreie Ausführung ohne Nacharbeit
- keine Rückfragen zur Ausführung
- Einwandfreie verarbeitete Rohstoffe
- kein Ausschuss wegen Mängeln oder Fertigungsfehlern
- oder in kurz: die perfekte Ausführung.
Das Streben nach Perfektion ist eines der fünf Lean Prinzipien, die gemeinsam eine ganzheitliche Sicht auf ein Unternehmen werfen. Die Erstausbeute zeigt laut First Pass Yield Definition, wie gut die perfekte Ausführung in einem Prozessschritt gelungen ist. Dadurch können Sie Schwächen im Prozess, im Material oder in der Kommunikation feststellen. Gerade bei großen Fertigungslinien wird nach Six Sigma gearbeitet. Selbst wenn Sie dieses Niveau nicht erreichen wollen oder in Ihrem Betrieb können, lohnt sich die Bestimmung des FPY als Qualitätskennzahl.
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Mehr Beispiele und einige weitere Tipps zur richtigen Nutzung von First Pass Yield und Rolled Througput Yield in Ihrem Betrieb, haben wir in diesem Video für Sie aufbereitet:
First Pass Yield im Beispiel erklärt
Abgesehen von der allgemeinen Fehlerquote lohnt sich auch die Beachtung des FYP in einzelnen Arbeitsschritten. Denn eine Fehlerquote ist in vielen Betrieben wirtschaftlich berechnet durch Extrakosten oder als Ausschuss und Nacharbeit – eine der acht Arten der Verschwendung. Nicht beachtet sind dann die vielen kleineren Unregelmäßigkeiten, die den idealen Ablauf beeinträchtigen, aber ebenfalls Kosten (Zeit, Ressourcen, Geld) verschwenden. Wir sehen uns das in mehreren unterschiedlichen Prozessschritten an.
Materialschwächen führen zu Ausschuss oder Nacharbeit
In einer Schreinerei werden Deko-Artikel in Serie hergestellt. Durch den Naturrohstoff Holz müssen immer einige Stücke nach dem Sägen entsorgt oder nachgearbeitet werden und kommen nicht in die nächste Fertigungsstufe.
Anstatt direkt zu überlegen, ob wir diesen Prozess an dieser Stelle optimieren können, wollen wir von der weichen Aussage „einige Stücke“ zu konkreten Zahlen. Das gelingt uns durch die Messung des erwarteten Ergebnisses z.B. aus einer Holzplatte und einen Blick in den Sortierbehälter. Wir nehmen an: 10 von 100 Stücke sind nicht aufs erste Mal brauchbar und gehen in eine erneute Prüfung. Damit haben wir 90 gute Teile geteilt durch 100 geplante Rohlinge. Die Erstausbeute, der First Pass Yield, ist dadurch 0,9 oder 90 Prozent.
Probleme in der Fertigung sind vielfältig
Die guten 90 Stücke werden nun abgeschliffen. Allerdings gibt es immer wieder Unterbrechungen durch Rückfragen oder Wechsel an der Schleifmaschine. Durch diese Pausen und Änderungen gelingen von unseren 90 Eingangs-Stücken 85 fehlerfrei, 5 gehen in die Nachbearbeitung oder zur B-Ware.
Auch hier lassen wir die offensichtlichen Verbesserungen für unsere Schreinerei noch außen vor und berechnen den nächsten First Pass Yield. Die fehlerfreien Endprodukte des Prozessschrittes sind 85, geteilt durch die 90 Eingangsstücke macht das einen FPY von 0,94 oder 94 Prozent.
First Pass Yield in der Fertigstellung
Natürlich können wir beliebig viele handwerkliche Schritte bis zum fertigen Produkt berechnen. Aber haben Sie auch an das Büro gedacht?
Unsere Schreinerei versieht jedes fertige Stück mit einem Etikett mit Beschreibung, Preis und Barcode. Dafür sind die Büromitarbeiter zuständig und zwar, wer gerade da ist und Zeit hat. Das bedeutet, dass beim Fertigstellen und Drucken der Etiketten einiges schief gehen kann: Papier falsch herum eingelegt, Abstände nicht beachtet, Etikett nicht einwandfrei abgelöst etc. Von den 85 nötigen Etiketten gehen von den erwarteten 9 Bögen Etikettenpapier nur 7 einwandfrei durch. Das macht 70 gute Etiketten und 15 auf den zweiten Anlauf.
Nehmen wir jetzt den First Yield Pass fürs Etikettieren unserer Stücke sind das 70 geteilt durch 85 erwartete (10 Etiketten pro Bogen, dh. 8,5 erwartete bedruckte Bögen statt 10 tatsächlich gebrauchten Bögen). Unser FPY ist daher in diesem Schritt nur 0,82 oder 82% und zieht unseren bisherigen Schnitt herunter.
Wenn der Prozess nun beendet ist, haben wir nur 70 von 100 Teilen gesägt, geschliffen und etikettiert im ersten Anlauf. Der First Pass Yield mit 0,7 bzw. 70% ist einfach abzulesen und die Fehlerquote liegt bei 30 Prozent.
Der große Vorteil: Sie sehen an welcher Stelle es Probleme gibt und auch, welche Kosten dabei enstehen. Aber wie sieht das aus, wenn wir aus dem gleichen Ausgangsstoff unterschiedliche Produkte fertigen?
Rolled Throughput Yield (RTY) als Kennzahl für ein Produkt
Die einfache First Pass Yield-Kette ergibt am Ende ein klares Ergebnis. Das funktioniert nur, wenn nur ein Ausgangsstoff bis zum Endprodukt verarbeitet wird. Glücklicherweise erkennen wir in der Wertstromanalyse alle Zuarbeiten und Materialien und können sie mit dem Rolled Throughput Yield berechnen! Für dieses Beispiel nehmen wir uns den Lebensmittelproduzenten „Fruchtiggut“ im Kleingewerbe und kochen ein paar Gläser Marmelade.
Die Rohprodukte mit First Pass Yield
Für die Endprodukte braucht es verschiedene Rohstoffe, die allesamt eigene Qualitätskriterien haben. Die 100 Kilogramm Gelierzucker werden durch die begrenzten Lager- und Produktionsmöglichkeiten in 10kg Säcken geliefert. Einer ist aufgerissen und eine Kontamination nicht ausgeschlossen. Das macht einen First Pass Yield von 0,9. Auch bei den Erdbeeren sind von den benötigten 200 Kilogramm durch Transport und Lagerung 10 Kilogramm unbrauchbar, FPY von 0,95.
Materialfehler in der Verpackung
Die Marmeladengläser bezieht Fruchtiggut von einem Onlinehändler. In der Regel weiß er, dass bis zu vier Prozent Ausschuss wegen Glasbruch oder undichten Deckeln bereits bei Lieferung dabei sind. Deswegen ist der First Pass Yield der fertigen Gläser zum Füllen nach der Eingangskontrolle 0,96 und dann nach der Reinigung 0,97 dan wenigen Verlusten. Auch die Etikettierung macht wieder Probleme, allerdings kommen die Etiketten hier von der Druckerei auf der Rolle. Eine auf 100 klebt nicht auf dem Glas, sondern irgendwo, FPY von 0,99.
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Rolled Throughput Yield mit fertiger Marmelade
Wir nehmen an, dass die restliche Produktion absolut fehler- und verschwendungsfrei abläuft. Aber wie bekommen wir diese verschiedenen Zweige des Produktionsstammes zusammen? (Die Gläser sind z.B. mit ihrem eigenen FPY und nicht über Stückzahl berechnet, da es mehr als eine Sorte in die Abfüllung schafft.
Unsere fertige Erdbeermarmelade beinhaltet die Verluste von:
- Rohstoff Zucker 0,9
- Rohstoff Erdbeeren 0,95
- Glas/Deckel-Einheit durch Transport 0,96
- plus Glas/Deckel-Einheit nach Reinigung 0,97
- Etikettenkleben von der Rolle (Druckerei druckt fehlerfrei) 0,99
Der Rolled Throughout Yield dieser verknüpften Schritte ist nun nicht mehr der One-Piece-Flow, der eindeutig am Ende durch die Stückzahl ablesbar ist. Dafür haben wir eine einfachere Möglichkeit, in dem wir die einzelnen First Pass Yield Werte miteinander multiplizieren und so den Rolled Throughput Yield berechnen:
0,9 x 0,95 x 0,96 x 0,97 x 0,99 = 0,78 oder 78 Prozent Rolled Throughout Yield
Hätten Sie mit diesem Ergebnis gerechnet? Die kleinen Verluste über eine Produktionskette sorgen zusammen schnell für Fehlerquoten und wirtschaftliche Verluste, die dann auf ihren individuellen Wert zurückgeführt werden können. Deswegen sind diese Kennzahlen keine reinen Optimierungswegweiser, sondern eine Hilfe zur besseren Differenzierung.
Was sind nun die klaren Vorteile der Erstausbeute?
Wenn Sie sich bereits mehr mit Lean Management beschäftigt haben, wissen Sie, dass die Beobachtung am Gemba besonders wichtig ist. Nur dann, wenn Sie die operative Handlung verfolgen, nachfragen und echte Kennzahlen messen, können Sie Möglichkeiten für Kaizen, also Verbesserungsmaßnahmen, erkennen. Die Werte von First Pass Yield und Rolled Throughput Yield sind dafür ideale Hilfsmittel um gezielt einzelne Schritte und die gesamte Erstausbeute eines fertiggestellten Produkts zu berechnen.
Es schließen sich dann Möglichkeiten an, sich auf einzelne Rohstoffe, Lieferketten, Maschinen oder Fertigungsschritte zu konzentrieren und die Kosten der einzelnen Schritte auszurechnen. Auch wenn Sie nicht das Six Sigma-Fehlerniveau erreichen wollen, ist eine gezielte Senkung der Fehlerquote in vielen Betrieben ein erster Schritt zu mehr Effizienz und Rendite.
Unser Tipp: Probieren Sie den First Pass Yield und den Rolled Throughput Yield in Ihrem Betrieb an einzelnen Schritten oder linearen Prozessen aus und prüfen Sie, ob Sie mit diesem Ergebnis gerechnet hätten. Denn der große Vorteil des RTY ist die Sichtbarkeit der typischen Verluste mit einer greifbaren Kennzahl. Mit der langfristigen Entwicklung und Beobachtung erkennen Sie weiterhin Trends, saisonale Schwankungen oder können Ihre Lieferkette besser überprüfen. Sie suchen jetzt nach mehr Möglichkeiten, um mehr einfache Methoden des Lean Managements in Ihrem Unternehmen einzubringen? Dann finden Sie hier alle Kontaktmöglichkeiten für einen unverbindlichen Austausch mit mir.
Mit besten Grüßen
Axel Schröder
Lean Enthusiast und Lean Six Sigma Black Belt
First Pass Yield und RTY Berechnungsvorlage
Mit dem First Pass Yield und dem Rolled Throughput Yield haben Sie zwei starke Qualitätskennzahlen in der Hand, mit denen Sie die Verwandlung von Rohstoffen und Produkten oder Anfragen zu Aufträgen messen können. Das geht jetzt noch einfacher mit der First Pass Yield und RTY Berechnungsvorlage, die beide Werte berechnet!
Bildquelle: Canva.com © Karolina Grabowska