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Morphologischer Kasten für Produktinnovationen & Onlinetexte

Morphologischer Kasten - In 5 Schritten zum neuen Produkt

In den vergangenen Artikeln über Kreativität und Kreativitätstechniken ging es hauptsächlich um intuitives Vorgehen. Heute möchte ich Ihnen dagegen mit der Methode „morphologischer Kasten“ eine diskursive Kreativitätstechnik vorstellen. Diskursiv bedeutet dabei die strukturierte Entwicklung „step by step“.

Denn mit dieser Technik kann man Produkte verbessern, verändern und für Produktinnovationen sorgen. Blogger können diese Hilfsform anwenden, um dadurch neue Ideen für Artikel und Beiträge zu schwierigen oder wenig emotional aufgeladenen Themen zu finden. Denn nicht jeder kann sich als Texter für Sockelleisten oder ähnliches begeistern, wie vielleicht der Parkettlegemeister. Wir zeigen Ihnen deshalb in diesem Betrag, wie Sie zu jedem Thema einen Zugang und Lösungen für jedes Problem finden!

Was ist ein Morphologischer Kasten?

Eine sprachliche Analyse hilft dabei das Konzept besser zu fassen: Morphologie stammt aus dem Griechischen und ist die Lehre von den Formen. Die Morphologie ist heute ein Teilgebiet von vielen Wissenschaften wie den Sprachwissenschaften, der Astronomie, Mineralogie, Biologie oder auch den Kreativitätstechniken.

Das Prinzip der Zerlegung und Rekombination der Teile nach einem schematischen Vorgehen wurde von dem Schweizer Fritz Zwicky (1898 – 1974) erfunden. Die beiden bekanntesten Techniken sind dabei eben die morphologische Matrix und der morphologische Kasten. Die Daten, die dabei in einer Tabelle erfasst werden, können morphologisch beliebig zusammengesetzt werden. Ein Problem wird deswegen mit dieser Methode in viele mögliche Lösungen zerlegt und hilft die Kreativität zu steuern. Die Methode wird deshalb deutlich handlicher auch Zwicky-Box genannt.

Morphologischer Kasten
Morphologischer Kasten

Für wen ist die morphologische Methode geeignet?

Mit der strukturierten Morphologie-Methode können schließlich Produktinnovationen, Produktverbesserungen und Produkt-Neukombinationen jeglicher Art erarbeitet werden. Das Besondere ist, dass alle Facetten inkl. komplexer Problemstellungen erfasst werden können. Diese Art des Vorgehens spricht dabei v.a. Menschen an, die schematisch denken.

Für Texter oder Blogger bietet der morphologische Kasten dagegen eine produktive Form, um Zugang zu einem problematischen Thema zu finden. Beispiele für solche Themen bei Handwerkern, die ich mit den Unternehmern geübt habe, sind deswegen Sockelleisten, Carports, Tapeten oder Dachziegel. Es ist erstaunlich, wie viele Ideen zusammenkommen, wenn systematisch Lösungen erarbeitet werden!

Was wird für die Zwicky-Box benötigt?

Papier und Stift. Alternativ können Sie auch mit einer Exceltabelle arbeiten. Ein positiver Aspekt der Methode ist die niedrige Schwelle, loslegen zu können.

Wie geht man morphologisch-kreativ vor?

Sie entwickeln diskursiv ein Gerüst, das Ihnen dabei hilft, neue Verknüpfungen zu sehen. Zuerst definieren Sie Ihre Problemstellung, legen anschließend die Parameter fest und sammeln mögliche Ausprägungen. Mit diesem Rahmen bestimmen Sie mögliche Kombinationen und wählen dann die optimale Alternative aus. Ich stelle Ihnen im Folgenden das Vorgehen genauer vor. Hierfür denken Sie kurz an den Frühstückstisch und die Schüssel Müsli oder Tasse Kaffee. Sie gießen Milch aus der Tüte und greifen instinktiv nach einem Lappen, weil Milch gerne überall landet. Warum? Der Verschluss war nicht richtig zu und Füllmenge und Druck haben deswegen für Spritzer gesorgt. Ärgerlich!

Schritt 1: Genaue Definition der Problemstellung

Die Definition der Problemstellung ist dabei nicht zu unterschätzen. Die Definition des Ursprungsproblems muss mit einer notwendigen Verallgemeinerung zusammengebracht werden, um echte Verbesserungen zu finden.

Ein Beispiel: Milchtüten lassen sich schlecht öffnen und wiederverschießen.

Eine Problemdefinition könnte sein: „Wie verbessern wir die Öffnung von Milchtüten“. Hier fokussiert man sich auf einen kleinen Bereich der Milchtüten: die Öffnung.

Eine Definition, die weiter greift, wäre z.B.: „Wie verbessern wir die Milchverpackung, um ein leichtes Öffnen und Wiederverschließen zu ermöglichen und ein tropffreies Ausgießen zu gewährleisten.“ Hier stecken Ansätze zu fundamentalen Änderungen statt kleineren Verbesserungen. In den Betrachtungswinkel kommen nun alle Aspekte der Milchtüten.

Schritt 2: Festlegen der Parameter

Jetzt werden die Parameter, auch Attribute, Merkmale oder Faktoren genannt, gesammelt. Die Parameter beschreiben den Betrachtungsgegenstand. Um auf eine vernünftige Anzahl von Parametern zu kommen, kann man sich der Kreativitätstechnik des Brainstorming oder Brainwriting bedienen.

Im oben genannten Milchtütenfall könnten geeignete Parameter sein:

  • Größe der Milchverpackung
  • Art der Verpackung
  • Material der Milchverpackung
  • Verschlussart
  • Material des Verschlusses.

Wichtig ist, dass die Parameter real beeinflussbar und weitgehend unabhängig voneinander sind. Sonst bedingen sich die Parameter gegenseitig und es kommt zu keinen wirklichen Neuerungen.

Schritt 3: Sammeln der möglichen Ausprägungen

Welche Ausprägungen können die zuvor gefundenen Parameter haben? Hier sind Ihrer Fantasie keine Grenzen gesetzt. Wenn die Ideen anfänglich abstrus wirken, lassen Sie sie zu und schreiben Sie die Ausprägungen auf. Aussortiert wird zum Schluss!

Mit den Parametern und den jeweiligen Ausprägungen können Sie nun die morphologische Matrix aufspannen.

In unserem Beispiel mit der Milchtüte könnte folgendermaßen aussehen:

DIe aufgespannte morphologische Matrix
Die aufgespannte morphologische Matrix

Schritt 4: Bestimmung der möglichen Kombinationen

Sind die Parameter und die Ausprägungen zusammengestellt, kann man die möglichen Kombinationen zur Lösung der ursprünglichen Problemstellung herausfinden. Hier funktionieren verschiedene Varianten:

  • Gehen Sie intuitiv vor und betrachten Sie die Tabelle wie ein Buchstabenrätsel. Sinnvolle und umsetzbar erscheinenden Kombinationen können ins Auge springen.
  • Systematisch spielen Sie alle Kombinationen durch. Anschließend streichen Sie unsinnige Lösungen und verkleinern die Auswahl. Beispiel: Eine Milchtüte aus Holz ist ein hübsches Dekoobjekt, aber kein sinnvolles Produkt.

Wie man vorgeht, hängt davon ab, wie viele Parameter und Ausprägungen man hat. Die persönliche bevorzugte Arbeitsweise spielt ebenfalls eine Rolle: Strukturierte Personen bevorzugen die systematische Vorgehensweise und testen alle Kombinationen der morphologischen Matrix durch. Intuitiv geprägte Menschen wählen einige Kombinationen gezielt aus.

Ein Tipp aus meiner Beratungserfahrung: Umso mehr Personen, Parameter und Ausprägungen beteiligt sind, desto mehr ist eine systematische Vorgehensweise zu empfehlen.

Eine Kombinationsmöglichkeit habe ich beispielhaft eingezeichnet:

Kombinationsbeispiel der morphologischen Matrix
Kombinationsbeispiel

Schritt 5: Entscheidung über die optimale Alternative

Aus allen Kombinationen wird die sinnvollste ausgewählt. Alternativ werden z.B. drei Lösungen erarbeitet und einem Entscheider zur Auswahl vorlegt. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass „Kosten“ nicht als Parameter vorkommt, um Lösungen nicht im Vorfeld zu verwerfen. Finanzielle oder technische Einschränkungen sollten immer erst im Nachgang diskutiert werden.

Zusammenfassung als Infografik

Morphologischer Kasten Verbesserung von Milchtüten
Morphologischer Kasten Verbesserung von Milchtüten

Online-Texte mit morphologischer Methode erstellen

Es gibt in der Tat Produkte oder Branchen, zu denen einem im ersten Moment nichts einfällt, worüber man schreiben könnte. Fußbodenleisten, Bodenbeläge, Tapeten, Dachziegel, Kaminkehrer. Das sind nicht gerade die Themen, die emotional aufgeladen sind und jeden vom Hocker reißen.

Mit einem morphologischen findet man dennoch erstaunlich viele Themen, wenn man die Tricks kennt. Hilfreich ist dabei, strukturiert vorzugehen.

Erstellen Sie sich eine Matrix aus Fragen und möglichen Blickwinkeln.

Das Prinzip der Zwicky-Box wurde im Zuge der Inhaltserstellung für das Internet von Karl Kratz auf das Online-Marketing übertragen. Siehe auch https://karlkratz.de/onlinemarketing-blog/gute-inhalte/ (zuletzt aufgerufen am 21.01.2022).

Weil die Darstellung von Karl Kratz gut in den Kontext passt, möchte ich sie in diesem Grundlagenartikel ansprechen.

Morphologie für Onlinetexte – Schritt 1: Individuelle Frageterme

Erstellen Sie Ihre individuellen Frageterme: Verwenden Sie bitte Ihre eigenen und orientieren Sie sich lediglich an meinen Beispielen. Ihr Ziel ist Ihr individueller Text für Ihre Zielgruppe!

In der nachfolgenden Tabelle sind einige Frageterme aufgeführt. Die Anordnung ist rein zufällig, wie mir die Worte eingefallen sind. Wir arbeiten hier kreativ, beschneiden Sie Ihre Kreativität nicht durch blankes Abschreiben.

Morphologischer Kasten - Frageterme
Frageterme helfen bei der Ausprägung aller denkbaren Kombinationen

Diese Frageworte bilden die X-Achse Ihrer Zwicky-Box und die Ausgangsbasis für alle Ausprägungen.

Schritt 2: Individuelle Blickwinkel

Erstellen Sie Ihre individuellen Blickwinkel. Blickwinkel sind Themen, die einem grundsätzlich zu einem Begriff einfallen können.

Was könnte es bei Ihren Kunden und zu Ihrem Unternehmen für Themen geben? Sammeln Sie diese Begriffe und schreiben Sie diese auf. Im Rahmen eines Brainstormings (mehr zu dieser Kreativitätstechnik finden Sie hier) sind mir die nachfolgenden Themen eingefallen, die die Y-Achse bilden.

Wichtig: Jedes Unternehmen ist anders und das beste Ergebnis gewinnen Sie mit Ihren eigenen Worten!

Die Reihenfolge meiner Beispiele ist zufällig:

Morphologischer Kasten - Blickwinkel
Die zweite Ebene des Kastens – Blickwinkel erweitern die denkbaren Ausprägungen

Schritt 3: Die Fragentabelle

Bauen Sie mit ihren Angaben eine Tabelle auf: Nehmen Sie als Zeilenüberschriften Ihre Blickwinkel und als Spaltenüberschriften Ihre Frageterme. Bilden Sie Paare aus Frage und Blickwinkel und formulieren Sie das Ergebnis als Frage. Hier ein Beispiel:

Morphologischer Kasten - Ideen
Anhand des Kastens werden über die Merkmale die Ideen ausgeprägt

Auf diese Weise hätten Sie mit den 9 Fragetermen sowie den 15 Blickwinkeln 9×15 Kombinationsmöglichkeiten gefunden. Sie könnten 135 mögliche Fragen in Ihrem Artikel beantworten! Arbeiten Sie die Fragen und die Themen ab, die Sie mit Ihrer Tabelle erstellt haben. Selbst wenn Sie viele Kombinationen verwerfen müssen, beantworten Sie im Rahmen Ihrer Artikel eine Menge Fragen.

Schritt 4: Priorisierung Ihres Fragenkatalogs

Um ein ordentliches Ergebnis zu bekommen, sortieren Sie diese Fülle an möglichen Fragen nach Relevanz. Beginnen Sie, die wichtigsten fünf bis acht Fragen in Ihrem Artikel zu beantworten. Veröffentlichen Sie dann den Artikel und warten Sie Reaktionen ab. Anschließend können Sie weitere Aspekte in Ihrem Artikel ergänzen und Stück für Stück erstklassige Texte schreiben.

Fazit Morphologischer Kasten:

Mit der Anzahl der Parameter und Ihrer Ausprägungen steigen die möglichen Kombinationsmöglichkeiten exponentiell. Wenn man echte Innovationen entwickeln will, sollte man genügend Zeit mitbringen. Durch die Kombination von Brainstorming zum Auffinden von Parametern und deren Ausprägungen sind viele Ergebnisse gewiss.

Leicht erkennbar ist der große Nutzen, wenn verschiedene Kreativitätstechniken allein oder im Team verwoben werden. Eine Methode wie das Brainstorming hilft, eine andere wie den morphologischen Kasten erfolgreich anzuwenden. Mit einem kleinen Methodenkoffer an Kreativitätstechniken kann man hervorragende Ergebnisse erzielen. Üben Sie die verschiedenen Methoden und bleiben Sie am Ball! Die Analyse von möglichen Fragetermen und Blickwinkeln hilft nicht nur geniale Produkte zu entwickeln oder exzellente Artikel zu schreiben! Sie können Ihr Geschäftsmodell genauer unter die Lupe nehmen und bleiben mit der Technik von Fritz Zwicky im Online-Zeitalter weit vorne!

Es grüßt aus Bayreuth
Axel Schröder

Bildquelle: Fotolia, © denisismagilov

Mit dem morphologischer Kasten weiterkommen – unser Wegweiser