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Die erste Prozesslandkarte erstellen – Prozessmanagement ist wie Kochen… Teil 3

Prozessmanagement ist wie Kochen 3
Prozessmanagement ist wie Kochen

In diesem Artikel (mit Videotutorial) erkläre ich alles zur Prozesslandkarte. Er ist Teil meiner Serie Prozessmanagement ist wie Kochen. Ich beantworte die Fragen, was eine Prozesslandkarte ist und welchen Nutzen sie für kleine Unternehmen bringt. Deswegen können Sie anschließend die erste Prozesslandkarte in Ihrem (Handwerks)-Unternehmen erstellen.

Bisher habe ich folgende Themen in der Artikelserie behandelt:

Ich habe in diesem Beitrag bewusst auf zu „überprofessionelles“ wie „saubere Methode“, „Ziele stecken“ und dergleichen verzichtet.

Denn mein Blogpost richtet sich an alle Einsteiger, die sich dem Thema Prozesslandkarte behutsam annähern wollen. Falls Sie mehr Interesse und tiefere Einblicke in die Gestaltung einer Prozesslandschaft suchen, zögern Sie nicht mich zu kontaktieren. Tipp! Hier finden Sie übrigens einen Hintergrundartikel über Prozessmanagement allgemein.

Video zur Prozesslandkarte

Die wichtigsten Tipps beim Erstellen einer Prozesslandkarte habe ich im Video zusammengefasst.
Jetzt ansehen für einen leichten Start!

Grundlegendes über die Prozesslandkarte

Was ist eine Prozesslandkarte?

Eine Prozesslandkarte bringt, wie eine echte Landkarte, Überblick. Überblick über das eigene Unternehmen, die Wertschöpfung für den Kunden, aber auch die notwendigen unterstützenden Tätigkeiten. Daher bildet sie auf einen Blick alle wichtigen Informationen der Organisation ab, sodass die Wertschöpfung des Unternehmens schnell sichtbar wird.

Gestaltungsprinzipien einer Prozesslandkarte

Für Prozesslandkarten gibt es dabei verschiedene Gestaltungsprinzipien. Im Kern haben sich deswegen zwei Kategorien bei der Ausarbeitung herausgebildet.

Einerseits die methodische Einteilung in Managementprozesse, Kernprozesse und Unterstützungsprozesse (dazu unten mehr). Andererseits die fachliche Einteilung nach etablierten Branchenstandards wie z.B. APQC, eTOM oder ITIL.

Die meisten Unternehmen beginnen (zu Recht) anfangs mit einer individuellen Prozesslandkarte. Diese individuelle Prozesslandkarte entwickeln Sie in höheren Reifegraden der eigenen Prozessorganisation hin zu den bekannten Standards.

Man spricht daher von einer „Prozessarchitektur“, die ein wesentlicher Bestandteil der gesamten Geschäftsarchitektur eines Unternehmens ist und das Spiegelbild der Unternehmensstrategie darstellt.

Die Prozesslandkarte wird dabei oftmals in ein Unternehmenshandbuch integriert.

Prozesslandkarte und Unternehmensstrategie

Aus der Unternehmensstrategie werden dabei Informationen für die Übersicht der Prozesse gefiltert und diese in einer Prozesslandkarte dargestellt.

Alleine die Einteilung einer Tätigkeit in einen Kernprozess oder einen Unterstützungsprozess liefert wertvolle Hinweise. Hinweise darauf, wie das Unternehmen in der Zukunft seine Ressourcen verteilen sollte, um eine optimale Steuerung seiner Prozesse zu garantieren. Denn damit wird die Tätigkeit implizit als wichtig oder weniger wichtig für das eigene Geschäftsmodell beurteilt.

Ein Beispiel dazu:

Die Pflege und Wartung der Internetseite eines Handwerksbetriebs kann als Unterstützungsprozess gesehen werden. Die primäre Wertschöpfung wäre dabei die Erbringung der eigentlichen handwerklichen Leistung. Sie als Kernprozess zu identifizieren wäre deshalb auch richtig. Verfolgt der Handwerker die Strategie, regional eine überragende Dominanz bei der Internetsichtbarkeit zu erlangen oder mit seinem Onlineshop Teile des Umsatzes erwirtschaftet. Die Metzgerei „Der Ludwig“ geht diesen Weg, die Internetseite als Teil der Unternehmensstrategie zu verstehen. Das Management nutzt diesen Weg der Unternehmensgestaltung, um mit seinen Kunden in Kontakt zu treten.

Die Konsequenz daraus: Wer die eigene Internetseite als notwendiges Übel betrachtet („muss man haben“), wird weniger Zeit, Geld und Leidenschaft in die Aufgabe stecken. Jemand, der über die Internetseite Geld verdienen will, investiert mehr. Unterstützungsprozesse sind oftmals Kandidaten für Prozesse, welche ausgelagert werden (Outsourcing). Ein bekanntestes Beispiel hierfür ist Ihnen sicher geläufig – die Buchhaltung, die viele Unternehmen an den Steuerberater auslagern.

Welchen Nutzen bringt eine Prozesslandkarte?

DIe Nutzenpyramide einer Prozesslandkarte
DIe Nutzenpyramide einer Prozesslandkarte

Information & Transparenz

Der Nutzen einer Prozesslandkarte ist mit einer Pyramide vergleichbar. Unten, an der Basis, stehen im Wesentlichen Information und Transparenz. Die Prozesslandkarte ist eine Navigationshilfe für Mitarbeiter, welche tiefer in die betrieblichen Abläufe einsteigen und sich über die Prozesse informieren wollen. Daneben werden Verantwortlichkeiten festgelegt und wesentliche Beziehungen der einzelnen Tätigkeitsfelder zueinander aufgezeigt. Beispiel: Die Zusammenhänge von Einkauf, Lagerbewirtschaftung, Auftragsabwicklung und Liquiditätsplanung.

Die Verwendung der Prozesslandkarte zu Informations- und Transparenzzwecken für das Unternehmen, sowie für seine Mitarbeiter dürfte der häufigste Anwendungsfall sein.

Optimierung und Priorisierung

Ein weiterer wichtiger Nutzenaspekt ist die Optimierung der Prozesse mit der Prozesslandkarte. Erst durch die Vogelperspektive gelingt der Überblick über die wesentlichen Zusammenhänge, sodass man die Prozesse tiefer auf Schwachstellen analysieren und optimieren kann. Mit Hilfe von sogenannten „Heatmaps“ auf Ebene der Prozesslandkarte können die einzelnen Optimierungsprojekte priorisiert werden. Die Steuerung der Prozesse gelingt dem Management dadurch leichter.

Z.B. kommt es im Lager regelmäßig zu Problemen wie falschen Beständen, Engpässen oder Schwund, welche erst durch die Inventur aufgedeckt werden. Hier sollte der Prozess „Lager bewirtschaften“ als verbesserungswürdig auf der Prozesslandkarte markiert werden. Für diese Prozesse können dann im nächsten Schritt verschiedene Methoden herangezogen werden, um das Qualitätsmanagement der Organisation zu verbessern.

Steuerung des Unternehmens

Die Prozesslandkarte hat dabei als dritten wichtigen Nutzenaspekt die Funktion als Steuerungsinstrument. Mit der Verbindung zum Organigramm können dann Prozessverantwortlichkeiten geklärt und festgelegt werden. Darüber hinaus können auf der Ebene der Prozesslandkarte wichtige Kennzahlen wie Durchlaufzeit oder Ausschussquoten aggregiert in Kennzahlenübersichten (sog. KPI Dashboards) aufgezeigt werden. Die Prozesslandkarte ist daher das Bindeglied zwischen Balanced Scorecard und Unternehmensstrategie.

Über die Anzeige von wichtigen Prozesskennzahlen (KPIs) können dabei unerwünschte Abweichungen sofort erkannt werden und der betroffene Prozess schnell identifiziert werden. Durch die Navigationsmöglichkeit von der Prozesslandkarte in tiefere Schichten der Geschäftsprozesse (sog. drill down) können dann die „Übeltäter“ der Abweichungen identifiziert werden.

Exkurs: Zertifizierungen & Prozesslandkarte

Eine Reihe von Zertifizierungen setzt ein bestehendes Prozessmanagement bzw. einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) und damit eine Prozesslandkarte voraus. Nachfolgend ein paar wichtige Zertifizierungen der bedeutendsten Normen im Qualitätsmanagement:

  • Die ISO 14001 – Umweltmanagementsystem
  • ISO 50001 – Energiemanagement
  • Die ISO 9001 – Qualitätsmanagement
  • ISO 66001 – Datenflussdarstellung
  • Dazu ISO TS 16949 – automatives Qualitätsmanagement
  • Ohsas 18001 – Arbeitsschutzmanagementsystem

Wie wird eine Prozesslandkarte dargestellt?

Die üblichen Symbole für eine Prozesslandkarte sind die Blockpfeile.

Prozesslandkarte - Blockpfeil
Prozesslandkarte – Blockpfeil

Diese finden Sie in vorgefertigten Formen in allen gängigen Office-Programmen wie Word, Excel oder PowerPoint.

Sie brauchen für die erste Prozesslandkarte in Ihrem Handwerksbetrieb nicht unbedingt eine professionelle Prozessmanagement-Software, es reichen „Bordmittel“ oder Papier und Bleistift. Zum richtigen Einsatz von Prozess-Tools und Software werde ich einen eigenen Artikel im Rahmen dieser Serie schreiben.

Sie sollten, das ist meine Erfahrung, darauf achten, ein Prozessobjekt (hier „Angebot“) mit einer Tätigkeit (hier „erstellen“) als Beschreibung zu verwenden. Damit sind Sie gezwungen, sofort darüber nachzudenken, was in dem Prozess gemacht werden soll. Außerdem wird deutlich, wer diese Aufgabe übernimmt. Diese Art der Beschreibung regt zum Nachdenken an, was mit einem einfachen Hauptwort wie „Controlling“ oder „Service & Wartung“ unter den Tisch fällt.

Bringt man mehrere Blockpfeile mit Teilprozessen in eine logische Reihenfolge, dann entstehen sogenannte Wertschöpfungsketten.

Prozesslandkarte - Wertschöpfungskette
Prozesslandkarte – Wertschöpfungskette

Verdichtet man diese ganze Wertschöpfungskette zu einem übergeordneten Begriff, einem Hauptprozess, könnte man z.B. „Neubaugeschäft durchführen“ verwenden, im Gegensatz zu „Service & Wartung erbringen“.

Prozesslandkarte - Verdichtung
Prozesslandkarte – Verdichtung

Diese beiden Hauptprozesse sind dann Bestandteil Ihrer obersten Prozesslandkarte.

Die typischen Flussdiagramme sind Notationsarten bei den Geschäftsprozessen, also auf detaillierteren Ebenen innerhalb der Prozessmodellierung. Bekannt sind hier vor allem Geschäftsprozesse in der Notation BPMN 2.0, wie der ereignisgesteuerten Prozesskette (EPK).

Praxisbeispiel einer Prozesslandkarte

Ein umfassendes Beispiel für eine Prozesslandkarte möchte ich Ihnen am Beispiel eines Krankenhauses zeigen. Hier wird logischerweise nicht jede Untersuchung eines Arztes am Patienten dargestellt, sondern die zentralen Abläufe in Summe. Das Beispiel wurde mit ADONIS® erstellt und zeigt grob das ganze Geschäftsmodell des Krankenhauses. In unseren Tipps bekommen Sie die Grundlagen zum BPMN Modell Schritt für Schritt erklärt.

Prozesslandkarte Krankenhaus
Prozesslandkarte Krankenhaus

Sie erkennen, dass Sie mit dieser Übersicht, ohne ein Klinik-Experte zu sein, einen schnellen Einblick über die Abläufe im Krankenhaus erhalten.

Das ist der entscheidende Vorteil dieser Prozesslandkarten. Ihnen fällt es leicht sich einen Überblick zu verschaffen. So geht es auch Ihren Mitarbeitern sich mit den Abläufen in Ihrem Handwerksbetrieb vertraut zu machen. Die Prozesslandkarte ist ein großartiges Hilfsmittel für die Prozessvisualisierung.

Das gilt auch für Bankangestellte, die über Ihren nächsten Kreditantrag entscheiden! Denn diese wollen einen schnellen Einblick in Ihr Unternehmen! Hier ist die Prozesslandkarte von großem Nutzen.

Die Summe der zentralen Tätigkeiten, aufgeteilt in Managementprozesse, Kernprozesse zur Leistungserstellung, Unterstützungsprozesse und Verbesserungsprozesse bilden dann die Prozesslandkarte. Innerhalb eines Prozessmodells bietet ein BPMN Gateway die Möglichkeit, den Verlauf klar zu definieren und bildet eine Entscheidung ab.

Wie teilt man die Prozesse in Kern-, Management-, Unterstützungs- und Verbesserungsprozesse ein?

Das gezeigte Krankenhausbeispiel ist in der Tat komplex. Am Anfang genügt es, wenn Sie auf Ihrer Prozesslandkarte in zwei Gruppen einteilen. Eine Aufspaltung in Leistungsprozesse (Kernprozesse) und Unterstützungsprozesse. Die Zuordnung ist mit einem kleinen Trick gar nicht so schwierig.

Diesen Trick verrate ich Ihnen nun:

Stellen Sie sich die Frage, ob am Ende des Prozesses ein Produkt oder eine Leistung herauskommt, welche ein Kundenbedürfnis befriedigt.

Dann haben Sie einen Leistungsprozess.

Machen Sie diese Einteilung bitte nicht an einer Geldzahlung fest. Wenn Sie regelmäßig spannende Artikel auf Ihrer Homepage veröffentlichen und das Ziel verfolgen, interessierte Leser anzulocken. Dann ist der Prozess „Internetseite betreiben“ ebenfalls ein Leistungsprozess. Sie befriedigen mit Ihrem Produkt „spannende Firmeninternetseite“ das Informationsbedürfnis der Besucher.

Dient der Prozess nur Ihnen oder ist er nötig, um eine Leistung anbieten zu können (zu dürfen), dann haben Sie einen Unterstützungsprozess.

Die Buchhaltung und der Jahresabschluss sind Ihnen als Unternehmer per Gesetz „aufs Auge gedrückt“ worden. Wirklich erforderlich für die Herstellung von leckeren Backwaren in einer Bäckerei sind diese beiden Tätigkeiten nicht. Auch wenn Buchhaltung und Jahresabschluss durchaus ihren Sinn haben. Diese beiden Themen sind als Bestandteil des Prozesses „Rechnungswesen durchführen“ ein klassischer Unterstützungsprozess.

Teilen Sie Ihre Prozesslandkarte in zwei (Leistungsprozesse und Unterstützungsprozesse), maximal in drei (dann noch Managementprozesse) Bereiche ein. Ordnen Sie die einzelnen Prozesse den Bereichen auf der Prozesslandkarte zu.

Prozesslandkarte erstellen – so gelingt es

Beginnen Sie beim Erstellen einer Prozesslandkarte für Ihren Handwerksbetrieb so, wie Sie die Kapitel in einem Kochbuch erwarten. Dort gibt es Kapitel für Vorspeisen, Hauptgerichte, Nachtische und Sonderkapitel wie Warenkunde oder Arbeitstechniken.

Beginnen Sie mit den Leistungsprozessen Ihres Unternehmens und der Abbildung auf der Prozesslandkarte. Hilfreich sind folgende Fragestellungen:

  • Wie komme ich von einer Idee zu einem Produkt? Welche Schritte müssen gemacht werden?
    Diese Frage hilft oftmals Handwerkern, die Güter produzieren und nach neuen Innovationen suchen wie Bäcker oder Metzger. Damit erstellen Sie Ihren Innovationsprozess bzw. Ihren Produktionsprozess.
  • Wie erhalten ich Kundenanfragen? Welche Schritte sind notwendig?
    Mit dieser Fragestellung untersuchen Sie Ihre Marktbearbeitung – Ihren Marketing-Prozess.
  • Was passiert von der Kundenanfrage („Ich interessiere mich für…“) bis zum Geldeingang auf meinem Konto / in meiner Kasse im Laden?
    Das ist der Kern Ihres Unternehmens, mit dem Sie Geld verdienen. Gehen Sie im Geist alle Schritte durch und bringen Sie diese in eine logische Ordnung.

Bei den Unterstützungsprozessen helfen Rückfragen wie

  • wie kommen die Geschäftsvorfälle in meine Buchhaltung?
  • wie erhalten meine Mitarbeiter ihren Lohn / ihr Gehalt?

Mit den offenen W-Fragen (Wie geht das? Wer macht das? Warum muss das sein? Wie lange dauert das?) strukturieren Sie zügig die Abläufe in Ihrem Betrieb. Wo Sie ins Stocken geraten, sollten Sie tiefer nachbohren. Das sind ernstzunehmende Anzeichen für schlecht funktionierende Prozesse.

Zusammenfassung als Infografik

Prozessmanagement ist wie Kochen 3
Prozessmanagement ist wie Kochen

Fazit zur Erstellung einer Prozesslandkarte

Wie alles im Leben ist etwas Neues, wie die Prozesslandkarte zunächst ungewohnt und fremd. Mit den richtigen Fragetechniken kommen Sie schnell zu den einzelnen Prozessen. Sie finden in Prozesslandkarten einen schnellen Einblick in die Abläufe Ihres Unternehmens. Dieser Überblick hilft nicht nur Ihnen, sondern auch Ihren Mitarbeitern und externen Partnern wie der Hausbank oder Kooperationspartnern. Der Aufwand für die Erstellung einer Prozesslandkarte lohnt sich. Um Ihnen bei der Erstellung einer Prozesslandkarte für Ihr Qualitätsmanagement zu helfen, habe Ich für Sie eine passende Downloadvorlage erstellt. Im nächsten Teil geht es an das Operational Model.

Wenn Sie Hilfe zum Prozessmanagement oder zu den Prozesslandkarten benötigen, scheuen Sie sich nicht den Kontakt mit mir zu suchen.

Wir machen feine Organisationsentwicklung!

Es grüßt aus Bayreuth
Axel Schröder

Bildquelle: Fotolia; © lenets_tan

Unser Extra zur Prozesslandkarte: die Excel-Vorlage