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Retrospektive – Baustein des systematischen organisationalen Lernens

Retrospektive

Denken Sie eigentlich ab und an, wie es früher war? Alles besser oder schlechter, mindestens aber anders? Dann bewegen Sie sich bereits im Bereich der Retrospektive. Wie viel lernen Sie dabei aus der Vergangenheit? Überlegen Sie, was sich geändert hat und wie? Sind Ihre Mitarbeiter verhaftet in alten Strukturen oder Ihnen zwei Schritte voraus?

Eine Retrospektive kann Ihnen deshalb helfen, Gegenwart und Zukunft besser zu gestalten. In diesem Beitrag laden wir Sie zu einer Rückschau ein und zeigen Ihnen, wie Sie retrospektiv lernen können.

Was ist eine Retrospektive?

Retrospektive bedeutet Rückschau, „einen Blick zurückwerfen“ oder ein „besonderes Augenmerk auf ein Detail richten“. Denn nichts entsteht aus dem luftleeren Raum und jedes Unternehmen hat seine Geschichte: vom Start-up bis zum Traditionsbetrieb in der 3. Generation. Die Entscheidungen, die heute getroffen werden, gehen deshalb teilweise auf Grundlagen vergangener Jahre oder Jahrzehnte zurück. Die Schwierigkeit besteht dann darin, die eigene Position in der Geschichte zu verorten und gleichzeitig Fesseln von früher für die Zukunft abzustreifen.

Das heißt: Die Retrospektive – der Rückblick – auf Unternehmensgeschichte, Leitbild oder Kerngebiete schärft den Blick für das Wesentliche. Darauf aufbauend können zukünftige Entscheidungen informiert getroffen werden.

Beispiel 1: Retrospektive in der Fotografie

Erinnern Sie sich noch an die gemeinsamen Abende nach Reiseabenteuern? Die Spiegelreflexkamera war das Höchste der Gefühle, die Motive wurden mehr oder weniger sorgfältig ausgewählt. Die Erinnerung an die Reise wurde wieder geweckt, sobald man die Fototasche mit den Abzügen in der Hand hatte. Vorsichtig wurden sie mit Erklärungen herumgereicht oder von Dia-Liebhabern auf eine Leinwand projiziert.

Ein Sprung in die Digitalfotografie und Zeiten des Smartphones: Unermüdliche Speichermöglichkeiten und eine hohe Qualität lassen jederzeit eine Serie von Bildern entstehen: vom Sonnenuntergang, vom Essen, das Selfie auf der Reise – das Foto ist ein Massenmedium geworden, die sozialen Medien ihre Leinwand. Private Vorträge mit Beamer und Powerpoint sind ein Überbleibsel für Retrospektiven auf Familienfeiern und Festen.

Ein weiterer Sprung: Die Sofortbild-Kamera erlebt aktuell eine Renaissance. Das Ergebnis ist sofort zu sehen und weiterhin eine sorgsame Momentaufnahme. Sie füllt die Nische der Entwicklungen und ist damit eine Rückbesinnung auf frühere Zeiten. Das Sofortbild steht im Gegensatz zur Massenproduktion der Digitalfotos und besetzt seine Nische.

Beispiel 2: Apple

Apples Geschäfte waren bis um die Jahrtausendwende wenig fortschrittlich und führten das Unternehmen nah ans Aus. 2001 stellte Steve Jobs den iPod vor: Mit diesem digitalen Musikspieler der neuen Art hatte das Unternehmen riesigen Erfolg. Mit dem iPod wurde das Programm iTunes entwickelt. Damit konnte die Zielgruppe von Apple, Kreative und Künstler, mit Hilfe von Apple Produkten ihre Musik besser vermarkten.

Seitdem legt Apple bei seinen Produkten Wert auf Software und Geräte, die kreativen Menschen nützlich sind. Diese Besinnung auf „gute alte Eigenschaften“ und die Kernzielgruppe, bildet bis heute eine wichtige Marketing-Säule der Marke Apple.

Beispiel 3: Telekom

Die Telekom ist ein Beispiel für das Kapitel „aus Fehlern lernen“. Die Deutsche Telekom kaufte 2001 den Wettbewerber Voicestream aus den USA auf um dort auf dem Markt für Netzanbieter Fuß zu fassen. Der Traum war es, als Netzanbieter sogar Weltmarkführer zu werden. Die hohen anfallenden Kosten, um das Netz auf- und auszubauen, verdrängten diesen Traum mehr und mehr aus der Realität. 2009 wurde beschlossen, den Versuch abzubrechen und sich vom amerikanischen Markt zurückzuziehen.

Wichtig sind die Erkenntnisse aus diesem Kapitel: Seit diesem Versuch wurden enorme Summen investiert, um innovative Produkte zu entwickeln und hier die Position als Marktführer zu festigen. Dabei wurde der hiesige Markt für Mobilfunknetze stärker bearbeitet und neue Standards implementiert. Ebenso hat sich das Unternehmen in die Liste der Unternehmen eingereiht, die aktiv an den Innovationen für Industrie 4.0 mitwirken. Diese Umstände hatten deutlich positive Wirkungen auf die Entwicklung der Telekom.

Nach diesen Beispielen können wir anfangen, Ihr Unternehmen in den Fokus der Retrospektive zu rücken. Sie erfahren, wie Sie aus der Vergangenheit lernen können und daraus echte Wettbewerbsvorteile schaffen.

Info: Zur Retrospektive gehören auch Jahresrückblicke und ihre Auswertung!

Mit Hilfe der Daten die man aus der Rückschau schöpfen kann, lassen sich Entscheidungen in der Zukunft auf einer soliden Basis aus Wissen oder Erfahrung treffen. Systematisches Hinterfragen, was gut und was schlecht lief, ermöglicht es, bekannte Fehler aus der Vergangenheit zu vermeiden. Positiver Nebeneffekt: Man kann seine positiven Erfahrungen an jüngere Kollegen weitergeben. Meistern von Schwierigkeiten oder Fehlern verbessert zusätzlich die Sicherheit und Fähigkeit mit komplexen Aufgaben zurecht zu kommen.

Es ist nicht schlimm einen Fehler zu machen – sondern ihn immer wieder zu wiederholen. Retrospektive hilft Ihnen, sich kontinuierlich zu verbessern!

Was ist Retrospektive eigentlich
Was ist Retrospektive eigentlich

Wie wirken subtile Lernprozesse?

Grundsätzlich ist der Führungsstil des Geschäftsführers prägend für die Unternehmenskultur und die Lernbereitschaft, bzw. Anpassungsfähigkeit eines Unternehmens. Das Leitbild zieht sich von der Chefetage durch die einzelnen Projekt-Teams hin zum einzelnen Angestellten. Die Vorbildfunktion ist hier nicht zu unterschätzen. Das bedeutet, dass der Geschäftsführer mit seinen Erfahrungen, seiner Lernfähigkeit und seiner Befähigung retrospektiv zu analysieren das Unternehmen prägt. Diesen Umstand wollen wir als subtilen Lernprozess definieren. Diese subtilen Lernprozesse treten ebenfalls bei den Mitarbeitern durch die Erlebnisse im Geschäftsalltag auf. Die Weitergabe verschiedener Informationen an Mitarbeiter und Nachfolger kann verschiedene Felder umfassen:

  • Wie muss man mit welchen Kunden umgehen (z.B. Preisverhandlungen, Geduld, Entschlossenheit etc.)?
  • Welches Logistikunternehmen liefert zuverlässig und gemäß den eigenen Ansprüchen?

Hier greift eine Eigendynamik, die nicht als Prozess steuerbar ist. Diese subtilen Lernprozesse sind individuell geprägt und dadurch situativ und zwischenmenschlich verschieden. Anzustreben sind dagegen gesteuerte Lernprozesse, sodass jedem Mitarbeiter jederzeit die gleichen Ressourcen zur Verfügung stehen. Es stellt sich die Frage:

Kann man Lernprozesse steuern?

Die Retrospektive ist ein wichtiger Baustein des Lernens: der Blick zurück hilft festzustellen, wie eine Sache in der Vergangenheit „gelaufen“ ist. Durch die folgende subjektive Einschätzung des Zurückblickenden wird eine These abgleitet, wie in Zukunft bei ähnlichen Situationen gehandelt werden sollte. Eine positive Fehlerkultur hilft das Vertrauen der Mitarbeiter zu stärken und aktiv zu lernen. Lean Leadership hilft Ihnen in Ihrem Unternehmen dabei, Ihre Mitarbeiter sinnvoll anzuleiten und zur Teilhabe zu motivieren. Sie befähigen Ihre Angestellten Hilfe anzunehmen, eigene Ressourcen einzubringen und gemeinsam das Unternehmen nach vorne zu bringen.

Lernen aus der Vergangenheit
Lernen aus der Vergangenheit

Aus Fehlern lernen, heißt siegen lernen! Bleiben Sie realistisch und denken Sie daran, dass Fehler gemacht werden. Sorgen Sie mit Ihren Führungsqualitäten und sinnvoller Prozessoptimierung lieber dafür, dass Sie einmal und nicht häufiger passieren! Wenn Sie sich genauer mit den Prinzipien von Wissensvermittlung interessieren, finden Sie hier einen vertiefenden Exkurs zu Wissen und Unwissen.

Was heißt das nun für Sie und Ihr Unternehmen? Machen Sie sich Ihre Prozesse bewusst, sehen Sie dabei die Entwicklung an und analysieren Sie, wie es zu Fehlern kommen konnte. Wenn Sie den Prozess umgestalten können, um diesen Fehler zu vermeiden, machen Sie das! Das sind die Prozessbestandteile des Lernens, die Sie in Zusammenarbeit mit Ihren Mitarbeitern steuern können. Das Feedback zu Problemen und Fragen zur Optimierung sind dabei Gold wert!

Retrospektiven helfen Ihren Teammitgliedern weiter, u.a. in den folgenden Situationen:

Retrospektive in Diskussionen, Debatten und Meetings

Sehen Sie ein Meeting als Knotenpunkt für Information, der nicht nur die Anwesenden betrifft, sondern alle anhängigen Teammitglieder. Verbessern Sie die Zusammenarbeit zwischen Abteilungen, wenn Sie als Moderator den Retrospektiven-Scheinwerfer auf ein Projekt oder eine Entwicklung werfen.

In einer Meistersitzung kommen Erfahrung, Knowhow und Entscheidungsbefugnisse zusammen, jeder Teil ist wichtig! Eine Retrospektive kann hier Team-übergreifend Probleme verdeutlichen und zur Verbesserung führen. Im Gespräch mit den Angestellten kann Feedback nach oben geleitet werden und Maßnahmen der Verbesserung nach unten kommuniziert.

Hierzu ein Beispiel aus dem Handwerk:

In einem Bauunternehmen wurde gerade ein größerer Auftrag fertiggestellt. Die nächste Meistersitzung bringt alle Entscheidungsträger mit dem Geschäftsführer an einen Tisch. Bevor die Sprache auf die nächsten Projekte fällt, beleuchtet der Geschäftsführer als Moderator seine Sicht auf das beendete Projekt. Die Meister geben Feedback über Probleme im Ablauf und bemängeln die Verzögerungen durch mangelhaftes Material. Als Verbesserung für die Zukunft wird eine Qualitätskontrolle vereinbart, damit rechtzeitig alle Ressourcen für die Arbeit vorhanden sind.

Praxisbeispiel zur Retrospektive
Praxisbeispiel zur Retrospektive

Hier sieht man die Vorteile von Retrospektiven in Meetings: Das gemeinsame Knowhow führt zu mehr Bewusstsein von Unregelmäßigkeiten und schnellen Optimierungen. Achtung! Ein Meeting mit Retrospektive braucht gute Moderation, um zum Erfolg zu führen! Falls Sie am Thema Besprechungen (Organisation, Protokolle, Effizienz etc.) interessiert sind, gibt es hier einen tollen Nischenblog zum Thema Besprechung.

Berichte, Protokolle und Weitergabe von Informationen

Das Ansprechen von Problemen ist das Eine, das Andere ist das Festhalten verschiedener Vorgänge. Protokolle sollten bestimmten Kriterien entsprechen und sinnvoll Informationen weitertragen. Retrospektive hilft, wenn das Augenmerk auf dem eigenen Vorgehen liegt: Was habe ich alles gemacht, welche Vorarbeiten geleistet und welche Besonderheiten sind zu beachten? Aus diesen Informationen sieht Ihre Ablösung gut, welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Die Retrospektive hilft Ihnen außerdem Ihre Arbeitsübergabe sinnvoll zu gestalten.

Auch von Meetings sollten ordentliche Protokolle angefertigt werden. Die Ergebnisse sind für alle zugänglich und jederzeit abrufbar. Für reibungslose Abläufe bietet es sich an, digitale Standards zu entwickeln. In Cloud-Systemen können Ihre Angestellten Antworten selbst organisieren, wenn sie sie benötigen.

Scrum als Methode

Hinter dem Wort Scrum versteckt sich die Übersetzung „Gedränge“. Das Ziel ist die Entwicklung von Softwareprojekten in kleinen, relativ autonomen Teams. Übertragen lässt sich das Prinzip auch außerhalb der IT, was sie hier lesen können. Die Retrospektive auf vergangenen Einheiten – Sprints – ist ein wichtiger Faktor. Die Dokumentation und Besprechung von Problemen und Fehlern hilft in Zukunft Zeit zu sparen und Prozesse zu optimieren.

Zusammenfassung Retrospektive

Die Retrospektive ist in vielerlei Hinsicht ein nützlicher Baustein für ihr Unternehmen! Für die eigene Wettbewerbsfähigkeit ist die weitestgehende Eliminierung von Fehlern wichtig und nur aus der Retrospektive zu erkennen. Im Rückblick erkennen Sie einerseits Ihre Kernkompetenzen und können diese mit dem Ist-Zustand und dem Markt in Einklang bringen. Andererseits kann nur ein kritischer Blick auf die Vergangenheit helfen, Probleme zu erkennen und Verbesserungen vorzunehmen.

Die Beleuchtung einer Retrospektive kann Ihren Teammitgliedern helfen, Prozessoptimierungen zu kommunizieren und aktiv zu lernen. Welche Art der Rückschau dabei angewendet wird, hängt von der Art des Unternehmens, des Teams und betrachteten Abläufe ab.

Im agilen Projektmanagement wie SCRUM hat man die positiven Effekte der Retrospektive erkannt und fest in den Prozess eingebaut. Eine Übertragung in andere Bereiche benötigt ein Mindestmaß an Kreativität und Willen sich einzuarbeiten, hilft jedoch immer bei der Optimierung. Wir stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite, schreiben Sie uns und schildern Sie uns Ihr Anliegen!

Mit bestem Gruß
Axel Schröder

Bildquelle: fotolia, © BestPhotoStudio