Immer wieder treten Kunden an uns heran, die uns fragen: Wie soll ich meine Beschaffung effizient gestalten? Wie kann ich es schaffen, dass mir meine Lieferanten nicht nach 3 Monaten neue (höhere) Preise schicken?
Die Antwort auf solche Fragen ist aus unserer Sicht meistens Sourcing. An Hand dieses abstrakt klingenden Begriffes wollen wir ihnen einige Strategien aufzeigen. Unter anderem wollen wir betrachten wie sie sich unabhängiger von ihren Lieferanten machen, ihre Risiken reduzieren oder ein Geschäft gründen können. Um sie zum Querdenken anzuregen, haben wir einige aktuelle Beispiele eingebunden.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Sourcing?
Definition des Begriffes
Der englische Begriff „Sourcing“ bedeutet nichts Anderes als Beschaffungsstrategien. Man könnte es auch mit zur Verfügung stehenden Bezugsquellen umschreiben. Die Idee hinter dem Begriff ist eine marktwirtschaftlich orientierte Frage: „Sollte ich mich von EINER Quelle abhängig machen?“. Auf diese Frage kann man nur mit „Nein“ antworten. Sie sollten sich immer vor Augen führen, dass „Viele Quellen grundsätzlich besser sind als nur eine!“.
Ein Beispiel:
Stellen sie sich vor, dass es nur eine Wasserquelle für alle Tiere in einem Waldabschnitt gäbe. Was würden die Tiere dann tuen? Sie würden alle zu der einen Quelle gehen und versuchen dort zu trinken. Dabei führt die Quelle nicht immer gleichviel Wasser. Da die Tiere alle zur gleichen Zeit trinken wollen, streiten sie sich nach dem dritten Tag. Einige Tiere bekommen kein Wasser, sodass ihr Überleben gefährdet ist.
Das oben dargestellte Beispiel sollte nie der Regelfall werden, denn dann gibt es immer einen Kampf unter den Abhängigen!
In der Entwicklung ihrer mittelfristigen Strategie sollten sie sich also überlegen, wie sie solchen Problemen aus dem Weg gehen können. Welche Dinge sie in ihrer Strategieentwicklung berücksichtigen sollten, können sie auch in unserem Fachartikel „Strategie und ihre Umsetzung – Wie sie die PS auf den Boden bekommen“ nachlesen.
Grundlegende Arten von Sourcing
Natürlich können sie nicht bei allen Dingen im Unternehmen sicherstellen, dass sie diese aus mehreren Quellen beziehen. Für manche Bereiche ist es schlicht und ergreifend nicht notwendig, wozu später mehr berichten. Im Folgenden wollen wir ihnen die grundlegenden Arten von Sourcing-Strategien darlegen, um für sie einen Überblick zu schaffen.
Single Sourcing
Unter dem Begriff des Single Sourcings versteht man die Beschaffung eines Produktes oder einer Dienstleistung aus nur einer Quelle. Diese Situation kann entstehen, weil es nur einen Anbieter gibt. Der Kunde kann auch bewusst nur einen Anbieter auswählen z.B. aufgrund einer langjährigen Geschäftsbeziehung. Ein Single Sourcing als Strategie zu wählen, kann vielfältige Gründe haben, dennoch gehen einige Vor- und Nachteile damit einher.
Vorteilhaft kann Single Sourcing sein, um die Einkaufspreise möglichst niedrig zu halten, indem man dem Lieferanten hohe Abnahmemengen zusichern kann. In diesem Falle könnten Mengenrabatte erwirkt werden. Eine weitere Möglichkeit ist das Vertrauen zu stärken, indem man nur einen Lieferanten wählt. Dabei schlägt der Kunde die Möglichkeit aus immer wieder Preisvergleiche zu vollziehen oder neue Verhandlungen anzustrengen. Das stärkt nicht nur das Vertrauen ineinander, sondern auch die Möglichkeit stärker miteinander zu arbeiteb. Die Bildung langfristiger Geschäftsbeziehungen ist wichtig, um Verhandlungs-, Kommunikations- und Logistikaufwendungen über die Zeit zu minimieren. Zudem kann in Notsituationen, wie Lieferengpässen erreicht werden, dass man eine bevorzugte Behandlung (ggü. jüngeren Kunden) erfährt. Oft werden im Einkauf langfristige Verträge geschlossen, welche mit dem Begriff „Rahmenverträge“ gekennzeichnet sind.
Als nachteilig ist beim Single Sourcing die starke Abhängigkeit von nur einem Anbieter zu bewerten. Somit steigt auch das Risiko, dass Lieferausfälle entstehen. Dies kann durch eine breitere Streuung der Quellen vermieden werden. Ein weiterer negativer Aspekt ist, dass man bei Rahmenverträgen häufig auf einen Preis fixiert ist und somit Ineffizienzen herbeiführt. Bei mehreren Anbietern kann man die Anbieter gegeneinander prüfen oder sie sogar, um den günstigsten Preis werben lassen. Zudem sollte man beachten, dass man durch Single Sourcing Marktschwankungen aus dem Weg gehen kann. Hat ihr Lieferant eine Verzögerung in seinem Zustellungsprozess, dann werden bei ihnen ebenso Prozessverzögerungen auftreten.
Dual Sourcing
Bei der Beschaffung aus zwei Quellen (auch: Dual, Double Sourcing) bezieht man das gleiche Gut von zwei verschiedenen Anbietern. Diese Art und Weise der Beschaffung ist in vielerlei Hinsicht vorteilhaft. Zum einen kann man sich gegen den Versorgungsausfall eines Anbieters absichern. Zudem kann bei zusätzlichen Aufträgen das Volumen verteilt werden ohne einen Anbieter zu überlasten.
Dem gegenüberstehend gibt es einige Abhängigkeiten, denn auch bei zwei Anbietern sind sie meistens nicht „Herr der Lage“. Gerade in schlechten Zeiten der Lieferanten sind auch sie Leidtragender der entsprechenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des liefernden Unternehmens. Weiterhin könnten die beiden Unternehmen auch einen Preiskampf beginnen, um den jeweils anderen auszustechen. Außerdem kann die Ausrichtung auf zwei Anbieter zur Folge haben, dass aktuelle Trends verpasst werden und sie somit „innovativ“ hinterherhinken.
Multiple Sourcing
Die Beschaffung aus mehreren Quellen bedeutet, dass sie mehrere bis viele Anbieter für ein Produkt haben und diese für die Belieferung nutzen. In der Praxis haben Firmen in der Vergangenheit vor allem eine Art Quotenbezug genutzt. Dabei werden spezifische Quoten von der gesamten Produktionsmenge für die einzelnen Lieferanten festgelegt. Die Produktionsanteile einzelner Lieferanten sollten dann über längere Zeit stabil gehalten werden, sodass z.B. günstigere Marktbedingungen ausgenutzt werden können.
Bei mehreren Lieferanten ist es vorteilhaft, dass jeweils günstigere Marktpreise ausgenutzt werden können. Dabei sollte vom jeweils teureren Anbieter auf den jeweils günstigeren Anbieter umgeschichtet werden. Somit kann man eine natürliche Konkurrenz zwischen den Anbietern aufrechterhalten. Ähnlich dem Dual Sourcing kann auch hier eine größere Flexibilität in Bezug auf Bedarfsschwankungen erwirkt werden, um Lieferengpässe zu unterbinden.
Allerdings bringen mehrere Lieferanten auch einige Probleme mit sich. Gerade die Koordination der unterschiedlichen Unternehmen kann dabei eine hohe Hürde sein, denn man ist gezwungen ständig aktuelle Informationen zu haben. Dabei stehen neben dem Informationsbedarf auch die Kosten im Zentrum der Betrachtung. Aufgrund des hohen Kommunikations- und Logistikaufwands entstehen hohe Prozesskosten der Beschaffung. Zudem ist diese Strategie keine Allzweckwaffe, denn gerade komplexe Güter können aufgrund des starken Informationsbedarfs nur beschwerlich von mehreren Lieferanten bezogen werden. Somit bietet sich diese Art des Sourcings vor allem für austauschbare Güter an. Besonders negativ ist allerdings, dass man zwar durch die eigens geschaffene Konkurrenzsituation niedrigere Preise erzielen kann. Dadurch kann aber auch nicht an strategischen Partnerschaften gearbeitet werden. In Folge dessen wird die Verhandlung günstiger Konditionen zu einem Vorhaben mit geringen Erfolgschancen. Bei geringeren Abnahmemengen und wechselnden Auftragsvergaben sind die wenigsten Lieferanten bereit ihnen entgegenzukommen.
Global Sourcing
Den Bezug aus mehreren Quellen können sie sowohl im Inland als auch zusätzlich aus dem Ausland vornehmen. Sollten sie sich sogar entschließen aus mehreren Kontinenten zu beziehen, kann dann von einem Global Sourcing gesprochen werden. In der Literatur hingegen werden sie keine eindeutige Definition für diesen Begriff finden. Der Konsens den man dabei finden kann ist der Hinweis auf die günstige Beschaffung eines Produktes auf dem Weltmarkt. Die Idee hinter der Nutzung globaler Ressourcen ist die weltweiten Quellen zu nutzen, um möglichst kosteneffizient die eigene Werterstellung vorzunehmen. Somit ist die internationale Beschaffung ein Element zur Generierung strategischer Wettbewerbsvorteile.
Der Begriff Multiple Sourcing ist ambivalent, da sowohl von mehreren Anbietern global als auch von wenigen international verteilten bezogen werden kann. Somit kann zwar Global Sourcing auch Multiple Sourcing (auf globaler Ebene) sein. Multiple Sourcing kann aber auch Single oder Dual Sourcing sein, wenn nur von wenigen internationalen Lieferanten bezogen wird.
Als Vorteile des Global Sourcings sind umfassende Informationen und ein vereinfachter Zugriff auf internationale Beschaffungsmärkte durch die Globalisierung zu nennen. Zudem können die Unterschiede in den Konjunktur-, Wachstums- und Inflationsunterschieden der verschiedenen Länder genutzt werden. Dabei werden vordergründig Abhängigkeiten vermindert, sodass der Bezug von Ressourcen, die im eigenen Land nicht verfügbar oder sehr teuer sind, möglich wird. Im selben Zug kann die Konkurrenz auf inländische Anbieter erhöht werden.
Den Vorteilen des Global Sourcings stehen einige Nachteile gegenüber. Wie in den einleitenden Worten zu dieser Art des Sourcings beschrieben, muss man viel Aufwand betreiben, um auf dem neusten Informationsstand zu bleiben. Zudem tritt hier, wenn man Global Sourcing als Multiple Sourcing betreibt ein hoher Koordinations- und Logistikaufwand auf. Ein weiteres Problem ist der Transport zwischen den verschiedenen Herkunftsländern, wobei die günstigen Einkaufspreise durch die erhöhten Transportkosten relativiert werden könnten. Des Weiteren sind Wechselkursschwankungen, Zölle und andere Handelshemmnisse zu beachten und können sich bei ihrem Eintritt negativ auf die Gesamtkosten auswirken. In anderen Ländern herrschen oft andere Gesetze und politische Verhältnisse, sodass Risiken durch politische Instabilität auftreten können. Ein zentrales Problem in der Kommunikation zwischen zwei weit entfernten Ländern ist heute sicherlich nicht mehr der Kommunikationsweg aber nach wie vor die Sprache. In diesem Zusammenhang sind die unterschiedlichen Arbeitsweisen und Herangehensweisen der unterschiedlichen Nationen eine Barriere in der Geschäftsabwicklung. Somit würde eine Schadensbegleichung bei fehlerhafter Lieferung mehr als schwierig ausfallen. Im schlimmsten Falle verlieren sie bei „windigen“ Geschäftspartnern Know-How. Dieses können sie sich nur schwer zurückerkämpfen, denn in den meisten Ländern außerhalb Europas gibt es eine andere Rechtsgrundlage!
Local Sourcing
Das Gegenteil zum Global Sourcing ist das Local Sourcing. Die Idee des Ganzen ist, dass bewusst von lokalen Lieferanten Produkte/Dienstleistungen bezogen werden. In der Literatur wird der Begriff Domestic Sourcing gleichbedeutend verwendet, wobei meist der Bezug aus dem Inland gemeint ist. Dennoch sollte man nicht vergessen, das Local Sourcing zwei Bedeutungen haben kann. Zum einen kann es sich um die Beschaffung auf dem Heimatmarkt des Unternehmens beziehen (z.B. der deutsche Markt). Andererseits kann auch der regionale bzw. örtliche Markt gemeint sein. Dabei würde man nur von lokalen Unternehmen beziehen, was z.B. in der Vergangenheit gerne Fast-Food-Konzerne getan haben. Eine Möglichkeit ist es beispielweise das Fleisch für Burger, die in Mecklenburg verkauft werden, sollen dann aus dem Mecklenburger Land zu beziehen.
An dieser Stelle sei noch gesagt, dass sich in der Literatur auch Zwischenstufen zwischen Global und Local Sourcing gebildet haben. Unter anderem wurden Arten, wie das Euro Sourcing, eingeführt. Hierbei wird die Suche nach dem besten Lieferanten aus dem europäischen Raum betrieben. Solche Zwischenstufen gibt es auch für andere große Wirtschafträume (z.B. nord-amerikanischer oder russischer Markt)
Die Vorteile eines Local Sourcings sind z.B. die Streuung des Risikos in Bezug auf Transportausfälle und -mängel durch die verkürzten Transportwege und –zeiten. Zudem ist der Bezug aus geografisch nahen Umgebungen besonders kostensparend, da die Transportwege kurz gehalten werden können. Sollten die Lieferanten nur kurze Strecken von der eigenen Produktion entfernt sein, können Logistik-Konzepte wie Just-in-Time oder Just-in-Sequence (Lieferung der notwenigen Teile parallel zum Produktionsprozess) angewendet werden. Diametral zum Global Sourcing sind die geringen Gefahren für Schwierigkeiten der Verständigung, da der Lieferant meistens die gleiche Sprache spricht. Legt man Wert auf die Förderung lokaler Wirtschaft, ist die Wahl eines Local Sourcings empfehlenswert. Zudem wird dadurch das Image ihrer Firma verbessert, da sie lokale Arbeitsplätze fördern und sichern. In manchen Fällen ist es möglich ökologisch vorteilhafte Herstellung zu gewährleisten, da keine weiten Transportwege notwendig sind.
Allerdings kann die Wahl des Local Sourcings zur Folge haben, dass sie höhere Preise als auf internationalen Märkten akzeptieren müssen. Zudem sind die lokalen Lieferanten in ihren Ressourcen limitiert und haben beschränkte Produktionskapazitäten. In die Quere können ihnen auch die Interessen der lokalen Bevölkerung und Politik kommen – höhere Gewalt macht vor niemandem halt.
Forward Sourcing
Neben den diversen Sourcing-Arten mit Bezug auf die Menge oder den Herkunftsort kann man auch die Position in der Wertschöpfungskette betrachten.
Beim Forward Sourcing geht es darum alle Möglichkeiten der Beschaffung, welche nach vorne gerichtet sind, zu betrachten. Die Idee hinter diesem Konzept ist strategischer Natur. Mit Hilfe der Überlegungen, welche Schritte nach der „eigenen“ Wertschöpfungsstufe kommen, eröffnen sich oft neue Wege. Lieferanten können beim Forward Sourcings mit dem Hersteller/Kunden während der Produktplanungsphase kommunizieren und Absprachen treffen. Somit können die Lieferanten und die Hersteller an der Ausgestaltung des Produktes mitwirken. Aufgrund dieser Interaktion ist es möglich die Einhaltung der Meilensteine und Termine entlang der Wertschöpfung besser zu gewährleisten. Je nachdem wie tief der Lieferant sich „in die Karten schauen“ lassen will, können in vielen Bereichen des Unternehmens Synergieeffekte erzielt werden. Somit können an dem Prozess sowohl die Entwicklungsabteilung, die Qualitätssicherung, die Logistik, der Vertrieb und das Finanzcontrolling beteiligt werden.
Positiv am Forward Sourcing ist, dass vor allem technische und prozessuale Optimierungen durch Erfahrungswerte geschaffen werden können. Des Weiteren können die Beziehungen zwischen den Geschäftsparteien intensiviert werden, um die Basis für eine langfristige Geschäftsbeziehung zu schaffen. Wiederum können diese vertrauensvollen Beziehungen auch Ansätze geschaffen werden, um Know-How auszutauschen und dabei die gemeinsame Innovationsfähigkeit zu steigern.
Allerdings kann es im Zuge eines Wissensaustauschs auch zur Preisgabe von Kernkompetenzen und Geschäftsgeheimnissen kommen, welche dann missbraucht werden. Solche sensiblen Daten preiszugeben, sollte demzufolge wohl überlegt sein. Bei der Einbeziehung mehrerer Parteien in die Produktplanung steigt der Planungsaufwand. In diesem Zusammenhang wird oft der finanzielle Vorteil aus der Anwendung der Strategie durch eine Flexibilitätsabnahme reduziert oder aufgehoben.
Sole Sourcing
Betrachtet man bei der Beschaffung speziell die Marktsituation, dann bezeichnet man die Möglichkeit bzw. den Zwang von EINEM monopolistischen Lieferanten beziehen zu müssen als Sole Sourcing. Dieser Fall tritt immer dann ein, wenn ein Lieferant alleiniger Anbieter am Markt ist. Ein solche Situation kann durch folgende Ursachen entstehen:
- staatliche Regulierungsmaßnahmen
- Exklusive Nutzungsrechte
- Ergebnis von Verdrängungswettbewerb
- nur ein Lieferant beherrscht die erforderlichen Technologien
- Konsequenz für das Beschaffungsmanagement: vollständige Abhängigkeit von der Geschäftspolitik des Lieferanten (Monopol-Lieferant)
In diesem Kontext stellt sich einmal mehr die Frage wie man mit einem monopolistischen Lieferanten umgeht. Hierbei gibt es einige strategische, beschaffungspolitische Maßnahmen. Einerseits sollten langfristige Rahmenverträge geschlossen werden, um die Preise und Lieferbedingungen für einen möglichst langen Zeitraum abzusichern. Parallel dazu sollte man nach Substitutionsprodukten Ausschau halten, um im Falle eines Lieferausfalls oder einer Beendigung der Zusammenarbeit gewappnet zu sein. Eine weitere Option könnte die proaktive Arbeit an der Veränderung der Anbieterzahl sein, sodass zukünftig nicht mehr nur ein Anbieter am Markt ist.
Dennoch sollte man nie aus den Augen verlieren, dass ein monopolistischer Anbietermarkt immer Vor- und Nachteile mit sich bringt. Sicherlich ist es nicht sinnvoll es sich mit dem Anbieter zu „verscherzen“, wenn dieser ein strategisch wichtiges Bauteil liefert. Es ist aber genauso wenig sinnvoll sich von diesem über mehrere Dekaden Preise oder Liefer- und Herstellungsbedingungen aufbürden zu lassen. Versuchen sie in jedem Fall mit kühlem und klarem Kopf die Situation ihres eigenen Unternehmens zu betrachten. Erst dann sollten sie wohl überlegte Schlüsse ziehen, um für sich selbst die Situation mit dem größten Vorteil zu erwirken.
Modular Sourcing
Die letzte von uns aufgeführte Form der Beschaffung soll das Modular Sourcing sein. Bei dieser Art des Sourcings geht es vor allem um die Ausnutzung von Kostenvorteilen, die durch das Zusammenfügen von mehreren Einzelteilen zu einem Modul entstehen können. In vielen Branchen werden dann beim Einkauf direkt fertig produzierte Module (Baugruppen) bestellt. Somit wird ein Großteil der Verarbeitungstätigkeiten ausgelagert. Die Risiken in Bezug auf Lieferschwierigkeiten o.ä. können ebenfalls reduziert werden. Aktuell wird dieses Beschaffungsprinzip schon in der Automobilindustrie, Bauindustrie oder in der elektronikverarbeitenden Industrie angewandt. Beispielhaft ist dabei der Bezug von Modulen in der Automobilindustrie, denn hier werden ganze Armaturenbretter oder Armaturen zum Hersteller geliefert.
Neben dem Modular Sourcing können auch ganze Systemeinheiten bezogen werden. Diese Art der Beschaffung wird dann System Sourcing genannt. Hierbei ist zu beachten, dass eine noch intensivere Abnehmer-Zulieferer-Zusammenarbeit vorauszusetzen ist, um den Prozess problemfrei ablaufen zu lassen. In Folge dieser notwendigen Absprachen werden andere Funktionsbereiche des Unternehmens in Anspruch genommen, wie z.B. Forschung und Entwicklung. Ein System Sourcing ist immer dann sinnvoll, wenn eine funktionale und entwicklungstechnische Einheit vorliegt. Hingegen kann ein Modular Sourcing sinnvoll sein, wenn eine fertigungswirtschaftliche Einheit gegeben ist. Zu beachten ist dabei, dass mehrere Module zusammen ein System bilden KÖNNEN aber nicht MÜSSEN.
Das Modular Sourcing kann vor allem den Beschaffungsprozess erleichtern, da man sich als Hersteller auf seine Kernkompetenzen konzentrieren kann. Zudem wird die Anzahl der Lieferanten reduziert und durch die engere Zusammenarbeit auch eine Nutzung des Know-hows des Lieferanten möglich. Ein weiterer Vorteil der Lieferanten-Reduktion ist die Aufwandsminimierung der Qualitätssicherung. Außerdem kann die Fertigungstiefe verringert, der Fertigungsprozesses vereinfacht und die
Artikelvielfalt reduziert werden. Als wichtigster Vorteil ist die Reduktion des Kommunikationsaufwands anzusehen, da statt vieler Einkaufsvorgänge nur eine geringe Anzahl für die Module anfällt.
Wie bei allen anderen bisherigen Beschaffungsstrategien birgt das Modular Sourcing ebenfalls einige Nachteile. Durch die Belieferung von wenigen Modullieferanten entsteht oft eine enge Bindung, welche wiederum zu starker Abhängigkeit führt. Zudem ist diese enge Verpflichtung problematisch, da der Blick über den Tellerrand fehlt und Innovationsfähigkeit verloren geht. Die Initiative für Innovationen muss somit vom Lieferanten ausgehen. Des Weiteren kann durch die enge Verflechtung Know-How verloren gehen, wenn Hersteller und Lieferant sich trennen. Wie schon vorher angedeutet, steigt der Koordinationsaufwand durch Bildung von unternehmensübergreifenden Entwicklungs- und Qualitätskontrollteams.
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Was kann man „heutzutage“ mit Sourcing erreichen?
Wie wir ihnen schon bei den einzelnen Arten der Beschaffungsstrategien dargestellt haben, gibt es einige Vorteile die sie im betrieblichen Kontext ausnutzen können. Im Folgenden soll es uns deshalb um einige aktuelle Vorteile der Beschaffungsstrategien gehen. Diese können sowohl von großen Unternehmen als auch von kleinen und mittelständischen Unternehmen genutzt werden.
Komparative Wettbewerbsvorteile
Durch die Nutzung von Modular Sourcing Strategien können sie in der heutigen Welt in einem hohen Maße Kosten einsparen. Bei der Bestellung von Modulen oder Systemen können sie nicht nur die Risiken einer eigenen Produktion reduzieren, sondern auch ihren Lagerbestand. Die Vermögensgegenstände die sie im Lager haben, nehmen einen hohen Anteil ihrer Liquidität in Anspruch. Dieses gebundene Geld wäre dabei an anderer Stelle viel nützlicher. Aus diesem Grund sollten sie ihre Möglichkeiten wahrnehmen die Lagerbestände so weit wie möglich zu reduzieren. Diese Strategie können sich auch Handwerker zu Nutze machen, indem sie bspw. statt mehreren Bauteilen ein ganzes Modul bestellen. Ein Klempner könnte z.B. eine ganze Duschkabine beziehen, wenn diese in die Bäder des Kunden passt und müsste nicht alle Einzelteile bestellen. In diesem Falle wäre nicht nur der Einbau unkomplizierter. Der Auftrag könnte auch in einer geringeren Zeit abgewickelt werden, sodass sich der Kunde über die reduzierte Wartezeit freut. Ein weiterer Vorteil für den Klempner wäre wiederum, dass dieser mit weniger Mitarbeitern mehr Aufträge erledigen könnte.Aus dieser Strategie lassen sich zudem Preisvorteile ableiten, da sie die Reduktion der Kosten für die Leistungserbringung auch auf den Gesamtpreis umlegen können. Das hat wiederum zur Folge, dass sie sich gegenüber ihren Wettbewerbern mit einem „besseren“ Preis wettbewerbsfähig positionieren können.
Natürlich müssen sie als Unternehmer im Handwerk oder der Industrie darauf achten, dass sie eine entsprechende Menge an Rohstoffen vorrätig haben. Schließlich ist es nicht gerade geschäftsfördernd, wenn sie in Lieferverzug geraten. Genau deshalb ist es fahrlässig die eigenen Lieferanten nicht auf Herz und Nieren zu prüfen. Nur, wenn sie herausfinden, wer von ihren Lieferanten verlässlich ist, können sie eine Planung für die Lagerreduktion erstellen!
Risikodiversifikation
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Möglichkeit mit Hilfe von mehreren Lieferanten das Ausfallrisiko zu reduzieren. Bei Roh-, Hilfs-, und Betriebsstoffen mit einem hohen Preis ist es besonders schwierig keinen zweiten Lieferanten zu haben. Auch bei komplexen Modulen oder wichtigen Bauteilen sollten sie sich Möglichkeiten schaffen kurzfristig bei einem zweiten Lieferanten bestellen zu können. Schlussendlich wird es ihrem Kunden nämlich herzlich egal sein warum sie nicht liefern können. Er wird sich nur darüber mokieren, dass sie nicht zum vereinbarten Zeitpunkt geliefert haben. Im schlimmsten Falle kann ein Lieferausfall auch dazu führen, dass sie von ihren Kunden kein Geld erhalten. Hängt dann an einem Kundenauftrag auch noch ein maßgeblicher Umsatz, so kann dies obendrein zu Liquiditätsschwierigkeiten führen. Um diesen gefährlichen Situationen aus dem Weg zu gehen, ist es wichtig mehrere Lieferanten oder Quellen für ihre Produkte zu haben. Einen tieferen Einblick in die Reduktion von Risiken geben wir ihnen in unserem Artikel zum Thema „Risikomanagementprozess: Risikobewertung“.
Informationsgewinnung
Mehrere Quellen zu haben – egal ob im Handel, dem Handwerk oder sogar in einer Beratung – ist nie schlecht. Auf diesem Wege bekommen sie mehr Informationen, welche sie zu ihrem Vorteil nutzen können. Seine Finger an verschiedenen Stellen im Spiel zu haben, muss nicht zwangsläufig schlecht sein. Es kann ihnen sogar dabei helfen früh zu erkennen, was sich in ihrem Umfeld oder auf ihrem Absatzmarkt zukünftig für Entwicklungen ergeben. Gerade im Bereich Beschaffung und Verkauf ist es üblich, dass man einfach „nachfragt“. Dabei sollte man nicht mit der Tür ins Haus fallen. Mit ein bisschen Fingerspitzengefühl können sie herausfinden, was bei ihren Konkurrenten, Lieferanten oder Mitstreitern in Zukunft passiert. Nutzen sie hierfür die Vorteile des „aktiven Zuhörens“ und machen sie sich klar:
Man kann nie zu viel wissen!
Online Marketing (E-Commerce und Co.)
In den vergangenen 5 Jahren ist der deutsche Einzelhandel (im engeren Sinne) jedes Jahr gewachsen. Allerdings geht ein Großteil des Wachstums auf die Umschichtung vom stationären Einzelhandel in Richtung des E-Commerce zurück. Da der Handel auch immer digitaler Wandel bedeutet, ist es nun vor allem an den kleinen Einzelhandelsbetrieben ihr Geschäft schnell um Internet Marketing zu erweitern. Andernfalls werden die Vorteile der großen Online Versandhändler zu groß, als dass man sie noch aufholen könnte. Gerade hier ist es interessant sich die Beschaffungsstrategien vor Augen zu führen. Gerade kleinere Betriebe im Handel haben den Vorteil schnell ihre Lieferanten oder Hersteller zu wechseln. Außerdem kann man als kleiner Einzelhandelsbetrieb mit mehreren Jahren Erfahrung seine Fähigkeiten der Produktauswahl nutzen. Im Gegensatz zu großen Versandhändlern können sie beispielsweise eine überlegte Auswahl (Sortiment) in ihrem Laden und Webshop anbieten. Der große Versandhändler wird meistens an seinem (tiefen und breiten) Sortiment gemessen, sodass er alle möglichen Artikel auf Lager halten muss. Den Vorteil, dass sie nur ein selektives Sortiment anbieten, sollten sie sich zu Nutze machen.
Sollten sie sich für mehr Informationen rund um die Digitalisierung interessieren, sollten sie unseren Fachartikel zum Thema „Digitalisierung & Digitale Transformation in KMU“ lesen.
Optimierte Lagerhaltung
Aus unserer Sicht ist eins der aktuellsten Probleme die Lagerhaltung in kleinen und mittelständischen Betrieben. Hier liegt oft ein hohes Optimierungspotenzial in der Größe des Lagerbestandes und der damit einhergehenden Kosten. Mit Hilfe einer ABC-Analyse kann man die Produkte im Lager in 3 Hauptkategorien einteilen. Auf eine genauere Erläuterung der Methode soll an dieser Stelle verzichtet werden, denn hierzu haben wir für sie einen wesentlich ausführlicheren Artikel verfasst. Den Ablauf des Verfahrens haben wir für sie in den Artikeln „ABC Analyse – Schritt für Schritt erklärt mit Video-Tutorial und vielen Praxisbeispielen“ und „XYZ-Analyse – Optimale Materialwirtschaft Schritt für Schritt – Fallstricke – Beispieldateien“ erläutert. Dennoch ist das Prinzip recht einfach, denn sie analysieren die Produkte nach ihrer Verbrauchsrate und ihrer Kapitalbindungshöhe. Für Artikel in der A bzw. X-Kategorie gilt eine konstante Verbrauchsrate und eine geringe Kapitalbindung. Solche Produkte sollten sie in größeren Mengen einkaufen, sodass sie Rabatte nutzen können. Hier bieten sich zudem Single Sourcing oder Dual Sourcing an, da sie durch den erhöhten Lagerbestand wenig Risiko haben, dass ihnen die Produkte ausgehen. Bei Produkten mit einem geringen Verbrauch und einer hohen Kapitalbindung ist es allerdings sinnvoll sich des Multiple Sourcings zu bedienen. Diesen Weg sollten sie wählen, damit im Bedarfsfall einer der Lieferanten kontaktiert werden kann und sie ihr Produkt bekommen. Die Lagerung solcher C bzw. Z-Produkte ist nicht empfehlenswert, da sie ihre Liquidität reduzieren und ihre Lagerkosten um ein Vielfaches erhöhen!
Wer sollte herkömmliche und wer moderne Beschaffungsstrategien nutzen? – „How to be smart!“
Nun haben sie schon einiges über Beschaffungsstrategien gelesen und gehört, was aber meistens nicht die Frage beantwortet, wann man diese einsetzen sollte. Nach wie vor gibt es einige Branchen, in denen es unumgänglich ist, sich auf einige wenige Beschaffungsquellen zu verlassen. Somit ist es schwierig Multiple Sourcing, Global Sourcing oder ähnliches zu nutzen. Dennoch entwickelt sich jede Branche weiter und es bieten sich Möglichkeiten bei einer Marktkonsolidierung mitzuwirken. Meistens bedeutet dies auch, dass sie einen Schritt weiter als ihre Konkurrenten sein müssen. Es gilt also:
Werfen sie regelmäßig einen Blick nach links und rechts. Versuchen sie neue Wege zu erkennen und sich nicht im täglichen Geschäftsalltag fangen zu lassen!
Mit dieser Herangehensweise können sie der Aussage „How to be smart“ eine ganz neue Bedeutung verleihen!
Zusammenfassung
Schon vor mehreren Jahrzehnten haben Industriezweige, wie die Autoindustrie, das Potenzial einer effizienteren Beschaffung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen erkannt. Durch eine größere Anzahl von Lieferanten konnten die Preise beim Einkauf und die Lagerzeiten reduziert werden. Die entstandenen, gewaltigen Optimierungspotentiale durch kürzere Durchlaufzeiten und verringerte Lagerbestände wurden dann zur Umsetzung von Konzepten wie „Just In Time“ genutzt.
Erst in jüngeren Jahren schenkt auch der Mittelstand und das Handwerk der Beschaffung, als unternehmerischem Erfolgsfaktor, zunehmende Beachtung. Mögliche Gewinne durch Optimierungen der Anlieferung und der betriebsinternen Verarbeitung von Gütern werden immer häufiger genutzt. Dennoch sind viele Branchen nach wie vor unbedarft, was die Optimierung des Beschaffungsprozesses angeht. Schon zu Beginn der Beschaffung lassen sich unnötige Ausgaben durch eine exakte Bestimmung der benötigten Mengen und Qualitäten von Gütern vermeiden. Zudem ist eine sorgfältige Auswahl der Lieferanten hinsichtlich des Preises, der Zuverlässigkeit und nicht zuletzt der Transportkosten essentiell.
Wie wir ihnen im Text dargelegt haben, sind diese Entscheidungen häufig mit Fragen z.B. nach Eigenfertigung oder Fremdbezug verbunden. Die Analyse und Durchführung bedarf einer Menge Know-How und Zeit. Wir stehen ihnen bei der Evaluation und Auswahl ihrer Lieferanten, der Lagerorganisation oder der allgemeinen Prozessoptimierung gerne zur Seite.
Zögern sie nicht uns zu kontaktieren!
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Axel Schröder
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