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Unternehmen fördern Teilhabe – ein Erfahrungsbericht zur EFS geförderten Fortbildung ringsum Arbeit und Inklusion. Der Tag beginnt dafür an einem Dienstagmorgen um Viertel vor Neun in einem weitläufigen Bürokomplex in Nürnberg. Die Mitarbeiterin der Unternehmensberatung betritt das Erdgeschoss und begrüßt dann zwischen automatisch öffnenden Türen die Mitinteressenten im geräumigen Fortbildungsraum. Kaffee, Getränke und vorbereitete Unterlagen warten dabei auf die schulungswilligen Teilnehmer. Die Runde setzt sich zusammen aus Schwerbehindertenvertretern (SBV) großer Unternehmen, einem Dienstleister für mechanische Unterstützung, einer Recruiterin und dementsprechend mir.
Erwartungen zu Inklusion und Teilhabe
Unsere Referentin für den Vormittag begrüßt die Runde und überbrückt die Wartezeit mit Nachfragen und Gespräche mit allen Teilnehmern. Die Stimmung ist dabei freundlich und erwartungsvoll. „Unternehmen fördern Teilhabe“ ist ein großes Ziel für die Fortbildung, kennen wir doch alle die Probleme, die auf dem Arbeitsmarkt für alle Seiten warten.
Kurz nach neun starten wir dann mit einer kurzen Vorstellung der IFD-ReferentInnen, dem geplanten Ablauf samt Unterlagen und einer Kennenlernrunde. Die Recruiterin eines Modehauses ist auf der Suche nach Informationen für Ihre Bewerber und auch generell zur Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt. Die SBV kämpfen mit schnelllebigen Managements, Kürzungen zulasten Ihrer Mitarbeiter oder saßen sogar mehrere Stunden im Auto für neue Informationen.
Und ich? Wir beraten viele kleine Unternehmen, die meistens unter den Inklusionsgrenzen liegen und bereits teils schlechte Erfahrung mit geförderten Arbeitskräften machten. Ich bin auf Fehlersuche: Was lief dabei in Kommunikation und Hilfestellung auf welcher Seite schief? Welche Informationen helfen mir, Inklusion als Chance statt Risiko zu vermitteln?
Körperliche Einschränkungen sind das eine, aber das andere ist die steigende Zahl psychischer Probleme in den Teams unserer Kunden. Chefs, die nicht mehr wissen, wie sie ihre Mitarbeiter unterstützen können und dann gleichzeitig steigende Fehlerquoten und drohende rote Zahlen sehen! Welche Stellen, welche Hilfsangebote für Unternehmen und Mitarbeiter gibt es und welche Voraussetzungen braucht es für Unterstützung? Deshalb bin ich hier beim IFD Mittelfranken. Der Integrationsfachdienst ist für Menschen mit Unterstützungsbedarf, Arbeitgeber und die Vermittlung zwischen allen Stellen zuständig. Regional und niederschwellige Anlaufstelle für alle Themen ringsum Teilhabe.
Die Fortbildungsinhalte: Recht und Theorie
AGG; SGBIX, BGG und die Menschenrechts-Charta sind wichtige Grundlagen für inklusives Denken und Handeln. Denn jeder Mensch hat Anspruch auf selbstbestimmte Teilhabe und Selbstentfaltung. Gleichzeitig sind Kleinunternehmer im Zwiespalt, wirtschaftlich zu denken und den eigenen Betrieb zu sichern. Durch die von außen undurchsichtige Struktur für Hilfe zahlen viele Unternehmer lieber Abgaben, als sich mit notwendigen Anpassungen zu beschäftigen.
Die Referentin startete den zahlenbasierten Teil mit der Frage, wieviele behinderte Menschen es in Bayern und generell in Deutschland gibt. Unsere Schätzungen lagen deutlich zu niedrig und zeigten erst mal die Bandbreite an Einschränkungen mit GdB – Grad der Behinderung.
Vom Rollstuhlfahrer zur hochfunktional depressiven Powerfrau, dem Diabetes-Patienten und dem Buchhalter mit Rückenproblemen. Die Einstufung durch das Versorgungsamt orientiert sich an der Einschränkung im Alltag und der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Ab einem GdB von 30 ist eine Gleichstellung möglich, ab 50 gilt der Betreffende als schwerbehindert. Höherer Urlaubsanspruch, mehr Krankheitstage und verschärfter Kündigungsschutz sind die typischen Gedanken, die KMU abhalten, Bewerber mit GdB zu nehmen. Aber stimmt das?
Unternehmenskultur, Arbeitsschutz und Fürsorgepflicht
Nach der Mittagspause bekamen wir Einblicke in die verschiedenen IFD-Arbeitsgebiete: Jobcoaching, Präventionen und Vermittlung bei Problemen.
Unternehmenskultur und Teilhabe
Der IFD hilft Arbeitnehmern und Unternehmen und sorgt für Abläufe, die teils über dem allgemeinen Betriebsstandard liegen: Die Unternehmenskultur, das Betriebsklima und die Fehlerkultur sind in jedem Betrieb entscheidend, ob sich Mitarbeiter wohlfühlen und ihr Pensum schaffen. Bei inklusiven Maßnahmen gibt es zusätzlich die Option, externe Hilfe zu beanspruchen. Wenn ein Mensch mit Behinderung in einen Betrieb kommt, gibt es Veränderungen. Besonders das Denken ändert sich: ob Rollstuhl, Stütze, Hörgerät oder mit psychischen Beeinträchtigungen – Arbeit strukturiert und gibt Sinn, manchmal mit Unterstützung. Die Vielfalt erleben Unternehmen, bei denen Inklusion gut läuft, als positiv und bereichernd. Entscheidend ist dementsprechend der einzelne Mensch und seine Motivation.
Arbeitsrecht
Der besondere Kündigungsschutz ist eine zwischengeschaltete Vorfrage an das Inklusionsamt, ob eine Kündigung legitim ist. Bei schwerwiegenden Gründen gibt es in der Regel keine Beanstandung. Optionen der Weiterbeschäftigungen bekommen Hilfsangebote wie Prävention, Intervention oder die Möglichkeit des Beschäftigungssicherungszuschusses (BSZ).
Wir kennen aus unserer Beratung Fälle, in denen es zu Problemen kam und der zuständige IFD nicht informiert war. Solche Negativerfahrungen, die meistens mit einem Aufhebungsvertrag enden, prägen gerade kleine Unternehmen und erschweren Inklusion.
Fürsorgepflicht
Arbeitgeber, die eine traditionelle Einstellung besitzen, erwarten von ihren Mitarbeitern Gehorsam, Leistung und verlässliche Zahlen. Die Fürsorgepflicht regelt neben Gefährdungsrisiken am Arbeitsplatz auch die notwendige Sorgfalt, Arbeitnehmern einen gesunden Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Genügend Chefs sehen heute die Vorteile eines Miteinanders auf Augenhöhe. Führungsstile unterscheiden sich, motivierte Arbeitnehmer leisten generell freiwillig mehr.
Fällt ein Mitarbeiter langfristig aus, fordert das Gesetz eine betriebliche Wiedereingliederung (BEM). Gleichzeitig ermöglicht das Inklusionsamt eine Eingliederung von Menschen mit GdB über Zuschüsse, Hilfsmittel und Dienstleistungen. Schlussendlich hofft jeder auf das gleiche Ziel: ein Arbeitnehmer, der seinen Teil zum Ganzen beiträgt.
Fazit zum Basismodul Unternehmen fördern Teilhabe
Der Tag im IFD Nürnberg war spannend und äußerst informativ. Die Möglichkeiten, die „Unternehmen fördern Teilhabe“ aufzeigt, werde ich in den weiteren Modulen vertiefen. Die Chancen und Möglichkeiten von Inklusion und die vielen Schritte, die wir noch gehen können, teile ich gerne!
Mit bestem Gruß aus Bayreuth,
Axel Schröder
Bildquelle: Canva.com @ vadimguzhva