Menü

Wertstromorientiertes Prozessmanagement – was Sie erwartet

Wertstromorientiertes Prozessmanagement

Karl Wagner und Alexandra Lindner haben das Buch Wertstromorientiertes Prozessmanagement verfasst, welches dann im Hanser Verlag erschienen ist. Mir wurde ein Exemplar zur Rezension überlassen – Danke dafür! Ich war sehr interessiert, ob das Buch die drei Hauptpunkte auf der Titelseite halten würde.

Voraussichtliche Lesedauer: 7 Minuten

Wertstromorientiertes Prozessmanagement – ein weißer Schimmel?

Diese drei Hauptpunkte der Titelseite sind

Hört sich spannend an, mal sehen, ob das Buch hält was es verspricht…

Inhalt des Buches Wertstromorientiertes Prozessmanagement

Das Buch gliedert sich dabei in die folgenden zehn Kapitel.

  1. Wertstromdesign
  2. Prozessmanagement
  3. Zusammenführung von Prozessmanagement und Wertstromdesign
  4. Prozesse in die Prozesslandkarte aufnehmen
  5. Prozesse erarbeiten
  6. WPM Lebensphasen
  7. WPM in der Kultur des Unternehmens verankern
  8. Allgemeine Werkzeuge
  9. Vorlagen für WPM Arbeitsblätter
  10. Beispiele der Anwendung

Jedes dieser Kapitel macht dabei neugierig und ich war gespannt auf die Inhalte. Diese will ich Ihnen deshalb nun vorstellen.

Kapitel 1: Wertstromdesign

Im ersten Kapitel führen die beiden Autoren Karl Wagner und Alexandra Lindner zuerst in die Grundprinzipien des Lean Managements ein. Im ersten Unterabschnitt wird dem Leser dann die Historie des Toyota Produktionssystems erklärt. Wichtige Begriffe und Geisteshaltungen wie Kaizen, Verschwendung (Muda), Überlastung (Muri) und Unausgeglichenheit (Mura) werden dabei ausführlich und an vielen Beispielen erläutert.

Der zweite Unterabschnitt beschäftigt sich dagegen ausführlich mit der Wertstromanalyse und dem Wertstromdesign (WSD). Diese Prinzipien sind übrigens auch von Mike Rother in seinem viel beachteten Buch „Sehen Lernen“ beschrieben. Die beiden Autoren greifen diese auf und bringen sie dann anhand vieler Beispiele dem Leser näher.

Die bekannten Lean Management Prinzipien werden dabei von Wagner und Lindner aufgegriffen und anschaulich erläutert.

Diese haben wir Ihnen deshalb auch als Grafik zusammengefasst:

Lean Management Prinzipien: Orientierung am Kundentakt kontinuierlicher Fluss Pull-System und Supermarkt Schrittmacherprozess Flexibilität durch Ausgleich Freigabe von kleinen und gleichmäßigen Arbeitsportionen Verbesserung von Engpässen Trennung und Abstimmung von Arbeitsinhalten
Lean Management Prinzipien

Nach dem ersten Kapitel hat der Leser dabei die wesentlichen Grundbegriffe des Lean Managements und des Wertstromdesigns als ein gutes Fundament kennengelernt. Die vielen Bilder und Darstellungen erleichtern Anfängern zusätzlich den Einstieg in das Thema.

Lean Management stammt aus der produzierenden Industrie. Manchmal fällt es deshalb schwer, in der Produktion offensichtliche Verschwendungen wie Rüstzeiten, Ausschuss, Verschnitt oder Lagerbestände, auf Büroumgebungen zu übertragen. Das Problem ist hier die fehlende Sichtbarkeit, z.B. von unerledigten Aufgaben im eMail-Eingang (Bestände), dem Warten auf Unterschriften oder ähnlichem. Daran angelehnt sorgt Quick Response Manufacturing für kurze Wege und hohe Flexibilität – auch bei kleinen Losgrößen!

Im ersten Kapitel des Buches Wertstromorientiertes Prozessmanagement zeigen die Autoren deshalb dem Leser diese Brücken auf, um Lean auf administrative Prozesse zu übertragen. Hier kommen die Techniken aus der Lean Administration, dem Makigami oder dem Waste-Walk zum Einsatz. Die Bebilderung hilft hier dem Leser, leicht einen Einstieg in das Thema zu finden.

Kapitel 2: Prozessmanagement

Das zweite Kapitel widmet sich ausführlich dem Prozessmanagement (BPM). Der Leser wird von Karl Wagner und Alexandra Lindner kompakt in die Prinzipien des Prozessmanagements eingeführt. Dabei werden Begriffe, wie Prozessmodell, Prozesswürdigkeit, Prozessmanagementsystem oder der Prozess-Livecycle beschrieben und erklärt.

Mein persönlicher Favorit des Kapitels war die kritische Herausarbeitung der Prozesswürdigkeit. Ich habe in meiner beruflichen Praxis schon zu viele Unternehmen gesehen, die sich „zu Tode modellieren“. Dabei entsteht nicht mehr Nutzen, sondern nur tausende mehr oder weniger schicke Bilder.

Für die Definition von Rollen innerhalb des Prozessmanagements gibt es hilfreiche Vorschläge, die von den Unternehmen ohne größere Probleme übernommen werden können. Alles zu Lean Management vs Prozessmanagement haben wir einmal zusammengestellt.

Kapitel 3: Zusammenführung von Prozessmanagement und Wertstromdesign

Das dritte Kapitel bringt die beiden Methoden BPM und WSD zusammen und erweitert die üblichen Modelle um die Prinzipien des jeweils anderen. Im Kern geht es um die methodische Verankerung des PDCA-Zyklus aus dem Lean Management (Verbesserung in kleinen Schritten). Die Anreicherung der Prozessmodelle mit Daten aus der Prozessmessung (Measure Prinzipien aus dem Six Sigma) ist hier ebenfalls ein methodischer Schwerpunkt.

Kapitel 4: Prozesse in die Landkarte aufnehmen

Das knapp gehaltene vierte Kapitel schärft den Blick des Lesers auf die kritische Hinterfragung der Prozesswürdigkeit und die Aufnahme in die Prozesslandkarte. Insofern entspricht es einer eindringlichen Konzentration auf das Wesentliche und die Darstellung der Hauptflüsse von Material, Informationen und Arbeit. Anhand von ADONIS erklären wir in unseren Tipps, wie Sie eine Prozesslandkarte erstellen.

Kapitel 5: Prozesse erarbeiten durch wertstromorientiertes Prozessmanagement

Herzstück des fünften Kapitels ist die Ist-Aufnahme der Prozesse und die Anreicherung des klassischen Prozessmodells mit verschiedenen weiteren Ebenen (= Layer).

Diese Schichten oder englisch „layer“ sind:

Prozessmodell-Ebenen: Prozessstruktur Produkt– und Informationsflüsse Verschwendung Zeiten Qualität Kapazität Risiken Kosten Verbesserungspotenziale
Prozessmodell-Ebenen

Anhand vieler Darstellungen werden diese Schichten, Stück für Stück in das klassische Prozessmodell eingeführt. Da die Layer aufeinander aufbauen, wird der Leser gleichsam „an die Hand genommen“ und nicht überfordert.

Die Analyse der Ist-Situation und die Konzeptionierung der Soll-Situation finden ebenfalls breiten Raum im fünften Kapitel.

Für mich war damit das fünfte Kapitel, methodisch wie inhaltlich, ein äußerst gelungener Abschnitt des Buches „Wertstromorientiertes Prozessmanagement“.

Kapitel 6: WPM-Lebensphasen

Das sechste Kapitel widmet sich den WPM Lebensphasen. Es zeigt auf, wie durch Messen, Steuern und Regeln die Gesamtprozessleistung dauerhaft verbessert werden kann.

Kapitel 7: WPM in der Unternehmenskultur verankern

Endlich! Ein Autorenteam, das dem Leser nicht nur einen Methodenkoffer an die Hand gibt, sondern bei der viel schwierigeren Aufgabe konkrete Handlungsalternativen aufzeigt. Die Verankerung in der Unternehmenskultur und das damit einhergehende Change-Management sind in der Praxis dicke Bretter, die gebohrt werden müssen.

Das Kapitel ist umfangreich und ich begrüße es außerordentlich, dass dieses wichtige und schwierige Thema unaufgeregt dargestellt wird. Ich fand das sehr gelungen!

Kapitel 8: Allgemeine Werkzeuge

Im achten Kapitel werden die typischen Lean Management Werkzeuge, wie 5S, Poka Yoke, 5-Why oder das Visuelle Management anschaulich dargestellt. Schön wäre noch ein ausführlicherer Hinweis auf das Ishikawa Diagramm (Ursache-Wirkungs–Diagramm) gewesen.

Die weiteren Kapitel bieten Vorlagen und Arbeitsblätter, um die Arbeit, gemäß der Vorschläge im Buch, sofort beginnen zu können. Zwei ausführliche Fallbeispiele runden das Buch ab.

Fazit zum Buch Wertstromorientiertes Prozessmanagement

Mit diesem Buch halten Sie ein echtes Wissenspaket in den Händen, das Ihre Arbeit bei der Verbesserung Ihrer Prozesse optimal unterstützt. Die versprochenen Ergebnisse, wie weniger Verschwendung, mehr Effizienz und bessere Organisation sollten sich damit gut erreichen lassen. Für Unternehmer, die sich mit dem Thema Qualitätsmanagement beschäftigen, ist es sicher auch eine Bereicherung. Das Buch aus dem Hanser Verlag ist damit aus meiner Sicht eine echte Leseempfehlung mit 5 von 5 Sternen.

Bleibt nur noch dem Leser die Disziplin und das Durchhaltevermögen zu wünschen, um die sehr guten Lösungsvorschläge anzuwenden.

Es grüßt aus Bayreuth

Axel Schröder